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Antisemitismus stoppen. Gemeinsames Handeln von Politik und Zivilgesellschaft gefordert.

Tahera Ameer Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung präsentiert die Plakatkampagne im Rahmen der Bundespressekonferenz.
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Berlin, 08. November 2022: Jüdisches Leben ist in Deutschland massiv bedroht. Zum Start der Plakatkampagne der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus fordern der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, die Amadeu Antonio Stiftung, der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in der Bundespressekonferenz ein entschlossenes gemeinsames Handeln von Politik und Zivilgesellschaft – nur so kann Antisemitismus konsequent gestoppt werden. 

Seit Jahren drängt die Zivilgesellschaft auf die Durchsetzung von Mindeststandards in der Antisemitismusbekämpfung – passiert ist bisher zu wenig: Jüdinnen und Juden sind nach wie vor täglich Antisemitismus ausgesetzt, antisemitische Vorfälle nehmen zu und die Sorgen von Betroffenen werden systematisch ignoriert. Rabbiner werden auf offener Straße angegriffen, terrorverherrlichenden Parolen auf israelfeindlichen Demonstrationen wird nicht widersprochen, die AfD bemüht im Zuge der Energieversorgungskrise antisemitische Bilder wie „Globalisten“, Stolpersteine, Mahnmäler sowie Gedenkorte werden regelmäßig beschmiert und beschädigt, wie die Gedenkbäume bei Buchenwald. Antisemitismus ist ein alltägliches und gesamtgesellschaftliches Problem.

Die Auseinandersetzungen um die documenta oder die „Judensau“ in Wittenberg haben einmal mehr gezeigt, dass Teile der deutschen Gesellschaft zudem noch immer keinen angemessenen Weg gefunden haben, mit Antisemitismus umzugehen. Deshalb fordern die beteiligten Organisationen: Die Bekämpfung von Antisemitismus muss endlich gesamtgesellschaftlich angegangen werden! Es braucht dafür ein konzertiertes, entschlossenes und gemeinsames Handeln. Die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus machen es vor. Als bundesweit größtes zivilgesellschaftliches Netzwerk organisieren und initiieren die Aktionswochen zwischen dem 09. Oktober und 09. November zahlreiche Veranstaltungen – vom Stadtrundgang bis zur Podiumsdiskussion ist alles dabei.

„Nie wieder ist ein beständiger, gesamtgesellschaftlicher Auftrag und keine Floskel“, macht Tahera Ameer, Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung, deutlich. „Seit Jahren machen wir mit unseren Kampagnen sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit deutlich, dass es einen aktiven und selbstkritischen Umgang mit Antisemitismus braucht. Langsam gehen uns jedoch die Superlative für die roten Linien aus, die permanent überschritten werden. Das ist kein gutes Zeichen für den Stand der Antisemitismusbekämpfung. Politik und Zivilgesellschaft sind hier in der Pflicht.“

Dr. Felix Klein, Beauftragter für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, betont: „Ob Kunstwerke auf der Documenta oder Israelhass im Netz, bei allen Formen von Antisemitismus gilt: Die Perspektiven der Betroffenen müssen endlich gehört und ernst genommen werden. Antisemitismus geht uns alle an. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass jüdische Stimmen in Zukunft systematisch einbezogen werden.“

Nicht zuletzt die Debatte über die documenta hat gezeigt, dass jüdische Verbände und Organisationen in ihren Mahnungen oft nicht ernst genommen werden. Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagt: „Das größte Gewaltpotential gegen Juden geht vom Rechtsextremismus aus. Wir erleben allerdings einen Paradigmenwechsel in Kunst und Wissenschaft, der beunruhigend ist und auch Tätern aus dem rechtsextremen Milieu oder mit muslimischem Hintergrund als Legitimation gilt. Die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung und des Anne Frank Zentrums haben darauf pointiert hingewiesen und dafür bin ich dankbar.

Auch die Gedenkstätten und Erinnerungsorte werden zunehmend mit dem Thema Antisemitismus konfrontiert. Deborah Hartmann: „Heute wird die Beschäftigung mit der Shoah von vielen Seiten in Frage gestellt oder kritisiert. Darum müssen sich auch Gedenkstätten gegenüber neuen Formen des Antisemitismus wie der Abwehr von Erinnerung positionieren.“

Gemeinsam fordern die Organisationen: 

  • Der Schutz von jüdischen Einrichtungen und Betroffenen antisemitischer Gewalt muss verstärkt werden. Es braucht angemessene präventive wie repressive Maßnahmen, um nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern auch die konkrete Sicherheit zu stärken.
  • Es braucht eine bessere Dokumentation antisemitischer Vorfälle, Straftaten müssen ausermittelt werden und die RIAS Meldestellen brauchen bundesweit eine Ausfinanzierung. So kann das Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze, unter Berücksichtigung der jüdischen Perspektive, erhellt werden.
  • Die Arbeit der demokratischen Zivilgesellschaft gegen Antisemitismus muss abgesichert werden! Projekte gegen Antisemitismus müssen nachhaltig und eigenständig gefördert werden und dürfen nicht von Jahr zu Jahr um ihre Finanzierung bangen. Das gilt besonders für den ländlichen Raum. Die bestehenden Ansätze im Kampf gegen Antisemitismus helfen offensichtlich nur begrenzt. Sie müssen deshalb evaluiert werden, um neue Lösungsansätze entwickeln zu können.

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