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Amadeu Antonio Stiftung fordert Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und unabhängige Erfassungsstelle

Foto: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag (CC BY-NC 2.0)
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Berlin, 9. Juni 2020. Anlässlich der aktuellen Zahlen rassistischer Vorfälle, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes heute veröffentlichte, fordert die Amadeu Antonio Stiftung ein entschlossenes Handeln gegen rassistische Diskriminierung. Vor allem die rassistische Ungleichbehandlung durch staatliche Institutionen ist bislang noch eine Leerstelle.

In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der gemeldeten rassistischen Vorfälle verdoppelt. Rund 1200 Personen wendeten sich im vergangenen Jahr an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, weil sie rassistische Diskriminierung erlebt haben. Damit stieg die Zahl der gemeldeten Fälle laut Jahresbericht 2019 um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.

„Es handelt sich bei rassistischer Diskriminierung nicht um bedauerliche Einzelfälle,“ betont Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. „Rassismus ist keine Ausnahmeerscheinung, für die Betroffenen gehört er zum Alltag. Er trifft sie in der U-Bahn, bei der Wohnungssuche, auf dem Arbeitsmarkt, bei Polizeikontrollen, beim Besuch von Behörden. Es ist höchste Zeit, dass Rassismus in all seinen Formen konsequent angegangen wird.“

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz muss reformiert werden

Diskriminierung durch staatliche Institutionen und Verwaltung wird bislang nicht durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz des Bundes abgedeckt. „Das Gesetz muss dringend reformiert werden, um auch behördliche Diskriminierung zu erfassen“, betont Kahane und unterstützt damit die Forderung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. „Vorbild kann das Berliner Landes-Antidiskriminierungsgesetz sein, das explizit auch staatliche Formen der Diskriminierung umfasst und damit eine wichtige Rechtslücke schließt. Es muss auch auf Bundesebene möglich sein, sich bei Diskriminierung durch öffentliche Stellen rechtlich zur Wehr zu setzen. Viel zu oft müssen Betroffene allein für ihr Recht kämpfen. Nach der schmerzlichen Erfahrung rassistischer Diskriminierung kann das eine enorme Belastung sein. Zur überfälligen Reform des Gleichbehandlungsgesetzes gehört deshalb auch die Einführung eines Verbandsklagerechtes.

Dunkelfeld: Forderung nach unabhängiger Erfassungsstelle

Die Zahlen der Antidiskriminierungsstelle spiegeln die Entwicklung des gesellschaftlichen Klimas der letzten Jahre wider. Rassismus und andere gruppenbezogen menschenverachtende Einstellungen äußern sich zunehmend ungehemmt. Doch die Zahlen bilden nur ein Teil des Hellfelds ab. „Negative Erfahrungen mit der Polizei und mangelndes Vertrauen in staatliche Behörden führen häufig dazu, dass Betroffene rassistische Diskriminierung nicht melden. Es braucht dringend eine unabhängige und nichtstaatliche Recherche- und Informationsstelle, die das Dunkelfeld rassistischer Vorfälle systematisch und differenziert erfasst sowie Betroffene ernst nimmt anstatt Diskriminierung kleinzureden.“, fordert Kahane.

Schwarze Menschen und People of Color sind unterrepräsentiert

„Maßnahmen zu Antidiskriminierung dürfen nicht bloß ein Lippenbekenntnis sein, sondern müssen die Kultur staatlicher Institutionen maßgeblich prägen. Dazu gehört auch, dass Diversity nicht bloß ein Aushängeschild oder sogar lästiges Übel sein darf.”, so Kahane.

Die Perspektiven und Expertisen Schwarzer Menschen und People of Color sind in Deutschland und in den staatlichen Institutionen erheblich unterrepräsentiert. Ihre Selbstorganisationen und die Organisationen, die sich gegen Rassismus engagieren, brauchen eine langfristige und sichere finanzielle Unterstützung durch staatliche Förderung.

 

 

Über die Amadeu Antonio Stiftung:

Seit ihrer Gründung 1998 ist es das Ziel der Amadeu Antonio Stiftung, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Die gemeinnützige Stiftung steht unter der Schirmherrschaft von Wolfgang Thierse.

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