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Hassgewalt-Kongress im Roten Rathaus: Bessere Maßnahmen zur Verfolgung von Hasskriminalität gefordert

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Berlin, 13.02.2020. Auf dem Tageskongress „Hassgewalt begegnen – Betroffene stärken“ im Roten Rathaus diskutierten am heutigen Donnerstag über 250 Teilnehmende aus Justiz, Ermittlungsbehörden, Zivilgesellschaft und Betroffenenverbänden wie die Verfolgung von Hasskriminalität verbessert werden kann und formulierten dabei konkrete Forderungen an die Politik. Veranstalter war die Amadeu Antonio Stiftung, die Schirmherrschaft übernahm der Regierende Bürgermeister Michael Müller.

Das Dunkelfeld von Gewalttaten mit rassistischer oder anderer vorurteilsgeleiteter Motivation ist groß. Betroffene berichten, dass ihre Erfahrungen mit Hassgewalt von Polizei und Justiz oft nicht ernst genommen oder menschenfeindliche Tatmotive bagatellisiert werden. Erstmals diskutierten Vertreter von Justiz, Polizei, Zivilgesellschaft und Betroffenenverbänden in einem größeren und öffentlichen Rahmen, wie Hassgewalt konsequenter verfolgt und Betroffene unterstützt werden können.

Dirk Behrendt, Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung des Landes Berlin:  „Zivilgesellschaftlicher Zusammenhalt ist eine unverzichtbare Säule im Kampf gegen Hassgewalt. Aber selbstverständlich muss auch der Staat Verantwortung übernehmen. Wir müssen all denjenigen, die von rassistischer, antisemitischer, homo- oder transfeindlicher Gewalt betroffen sind unmissverständlich zeigen: Wir stehen an der Seite der Betroffenen. Wie das aussehen kann, zeigen in Berlin beispielsweise die Antisemitismusbeauftragten der Polizei und der Generalstaatsanwaltschaft. Auch die Ansprechpersonen für LSBTI-Menschen bei der Polizei und der Generalstaatsanwaltschaft machen dies deutlich.“

„Wie Justiz und Polizei Hasskriminalität bearbeiten, ist keine Frage, die Behörden allein verhandeln sollten. Der Kongress soll ein Auftakt für einen dauerhaften Dialog sein und will das Thema auf die öffentliche Agenda setzen. Antisemitische, rassistische, homo- und transfeindliche, obdachlosen- und behindertenfeindliche Straftaten fordern den gesellschaftlichen Zusammenhalt heraus. Betroffene von Hassgewalt dürfen nicht allein gelassen werden.“, sagte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

Betroffenenperspektive in Ermittlungen stärken

Auf dem Kongress wurden im Rahmen verschiedener Podiumsdiskussionen Forderungen entwickelt, die die Amadeu Antonio Stiftung in das Abgeordnetenhaus einbringen will. Dazu gehört, die Perspektive der Betroffenen in den Ermittlungen stärker als bisher einzubeziehen. Sobald Betroffene oder deren Angehörige Hasskriminalität als Motiv hinter einer Tat vermuten, sollten Behörden dieses verpflichtend durch aktive Ermittlungen ausschließen müssen.
Es braucht die klare Anweisung, dass Hassverbrechen aufgrund des erheblichen öffentlichen Interesses grundsätzlich nicht eingestellt werden dürfen.
Um das Vertrauen der Betroffenen in die Behörden zu stärken und den Weg zur Strafanzeige zu erleichtern, sollten zudem unabhängige Beschwerdestellen sowie Ansprechpersonen für alle Opfergruppen vorurteilsgeleiteter Straftaten eingerichtet werden.

Aus- und Weiterbildung in Polizei und Justiz

Entscheidend ist auch der konsequente Umgang innerhalb der Behörden mit demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Einstellungen. „Polizei und Justiz sind ein Querschnitt der Gesellschaft. Auch hier finden sich vorurteilsgeleitete Einstellungen bis hin zu rechtsradikalen Ideologien. Es ist ein Irrglaube, dass alle, die im Staatsdienst arbeiten automatisch gegen demokratiefeindliche Einstellungen immun sind. Demokratiepolitische Bildung sowie ein kritischer und sensibler Umgang mit Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit müssen fester Bestandteil von Aus- und Weiterbildung sein.“, führt Reinfrank aus.

Dunkelfeldstudien und Einstellungsbefragungen

Für die effektive Bekämpfung von Hasskriminalität braucht es umfassende wissenschaftliche Untersuchungen. Neben Dunkelfeldstudien, die das tatsächliche Ausmaß von Hasskriminalität beleuchten, braucht es auch unabhängige und repräsentative Befragungen zu demokratiefeindlichen Einstellungen in Polizei und Justiz, um zielgerichtete Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Der Kongress ist Teil des Projekts „Berlin steht an der Seite Betroffener rechter Gewalt“ der Amadeu Antonio Stiftung und wird gefördert von der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung im Rahmen des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.

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