Berlin, 22.09.2024. Das Ergebnis der Landtagswahl in Brandenburg markiert einen drastischen Einschnitt für die Demokratie und macht vielen Menschen bundesweit Angst. Mit voraussichtlich 29 Prozent der Stimmen ist die rechtsextreme AfD in Brandenburg zweitstärkste Kraft. In Sachsen und Thüringen erzielte sie mit 30,6 bzw. 32,8 Prozent historische Erfolge.
„Die AfD gefährdet unser demokratisches und friedliches Zusammenleben. Viele Menschen fühlen sich durch den hohen Zuspruch für eine rechtsextreme Partei persönlich bedroht, und das nicht nur in Brandenburg. Es ist die dritte Wahl in Folge, bei der Rechtsextreme den Wahlkampf dominieren und die Demokraten inhaltlich vor sich hertreiben. Diese Ergebnisse zeigten schwarz auf weiß, wie tief rechtsextreme Ideen in Deutschland verwurzelt sind und nach wie vor an Zuspruch gewinnen. Damit müssen wir uns auseinandersetzen, diese Gefahr wird nicht in absehbarer Zeit weggehen – wir müssen die Demokratie gegen diese Feinde verteidigen“, betont Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.
Verharmlosung des AfD-Landesverbandes unverständlich – Demokratische Parteien dürfen sich nicht treiben lassen
Brandenburg hatte lange klare Kante gegen Rechtsextremismus gezeigt und gute Strategien entwickelt, von der Prävention bis hin zur Strafverfolgung. “Jedoch ist der Rechtsextremismus, mit dem wir heute konfrontiert sind, ein anderer als noch vor zehn Jahren. Parteien und Verwaltung haben zu lange versäumt, rechtzeitig auf die veränderte Bedrohung durch den parlamentarischen Rechtsextremismus zu angemessen reagieren. „Es ist völlig unverständlich, warum der Brandenburger Landesverband der AfD trotz der massiven Radikalisierung vom Verfassungsschutz nicht als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde. Die Landespolitik muss endlich entschieden gegen rechtsextreme Netzwerke und Ideologien vorgehen und das Verbot der AfD auf Bundesebene ergebnisoffen prüfen lassen. Es ist kein Zufall, dass das geheime ‘Remigrations’-Treffen, das noch im Januar Millionen Menschen gegen Rechtsextreme mobilisierte, in Potsdam stattfand. „In mehreren Regionen herrscht eine rechtsextreme Hegemonie, und zivilgesellschaftliches Engagement für unsere Demokratie ist dort nur noch unter Gefahr für Leib und Leben möglich“, warnt Reinfrank.
Darüber hinaus spielte in Brandenburg ein rassistischer und migrationsfeindlicher Wahlkampf eine zentrale Rolle, der die Ängste vieler Menschen schürte und gesellschaftlich spaltete. Hierauf haben die demokratischen Parteien keine Antwort gefunden, es fehlte an eigenen Ideen – stattdessen hat man sich thematisch treiben lassen, was viele Wählende in ihrer Entscheidung für die AfD bestärkt hat.
Bundespolitik muss sich stärker engagieren – Gefahr für Westdeutschland
„Die Wahlergebnisse in Thüringen, Sachsen und jetzt Brandenburg zeigen, dass es nicht ausreicht, den Kampf gegen Rechtsextremismus den Ländern zu überlassen. Mit dem wachsenden politischen Einfluss der Rechtsextremen werden die parlamentarischen Mittel der Länder immer schwächer. Die Bundespolitik muss Verantwortung übernehmen, um die rechtsextreme Landnahme in Ostdeutschland zu stoppen. Demokratie muss Chefsache werden.“ fordert Reinfrank. Er schlägt vor, dass die Demokratieförderung zum zentralen Thema der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober 2024 wird und das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesfamilienministeriums mehr Ressourcen für innovative Projekte in Ostdeutschland bereitstellt. Gleichzeitig warnt Reinfrank, dass der Rest des Landes die rechtsextreme Gefahr nicht ignorieren dürfe: „Wenn wir uns die bisherige Entwicklung der Zustimmung für die AfD im Osten anschauen und die Radikalisierung nicht gebremst wird, werden wir in drei Jahren auch in ganz Deutschland ostdeutsche Verhältnisse haben.“
Demokratiefördergesetz für Brandenburg – Investitionen in die Demokratie
Die Amadeu Antonio Stiftung fordert eine nachhaltige Förderung von Initiativen: „Es steht nicht weniger als unsere Demokratie und damit unsere Zukunft auf dem Spiel. Jetzt ist die Zeit, zivilgesellschaftliche Projekte langfristig zu unterstützen, um Demokratiefeindlichkeit den Nährboden zu entziehen. Neben der dringenden Verabschiedung des Demokratiefördergesetzes auf Bundesebene, würde ich auch Brandenburg ein eigenes Landesfördergesetz empfehlen“, so Reinfrank.