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RIAS-Meldestelle zieht erstmals Bilanz: 131 antisemitische Vorfälle in Niedersachsen im Jahr 2021

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Hannover, 31.08.2022. Insgesamt 131 antisemitische Vorfälle dokumentierte die Recherche- und Informationsstelle (RIAS) Niedersachsen im Jahr 2021. Zu den Vorfällen gehören u. a. Angriffe, Bedrohungen und Sachbeschädigungen.

„Die Zahlen von RIAS Niedersachsen sind einmal mehr Beweis dafür, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland antisemitische Gewalt insbesondere während der Corona-Pandemie erleiden mussten. Das muss alarmieren.“, so Tahera Ameer, Vorständin der Amadeu Antonio Stiftung, in deren Trägerschaft sich RIAS Niedersachsen befindet. Rund ein Drittel der Fälle (33%) hatte einen Bezug zur Covid-19-Pandemie. „Besonders auffällig ist in Niedersachsen zudem, dass die Pandemie den Antisemitismus ungehemmt auf die Straßen getragen hat. Diese hemmungslose Direktheit ist neben Online-Hass eine greifbare Gefahr für Jüdinnen und Juden in Deutschland. Unabhängige Meldestellen wie RIAS sind unersetzlich, weil nicht jeder Fall der Polizei gemeldet wird. RIAS nimmt auch Fälle auf, die nicht strafrechtlich relevant sind und das ist notwendig, um ein umfassendes Bild über Antisemitismus zu erhalten und gezielter gegen Erscheinungsformen vorgehen zu können.“

Unter den insgesamt 131 Fällen sind zwei körperliche Angriffe, elf Bedrohungen, 21 Sachbeschädigungen an jüdischem Eigentum oder Erinnerungsorten an die Schoa, eine Massenzuschrift sowie 96 Fälle verletzenden Verhaltens. In 36 registrierten Vorfällen waren insgesamt 67 Einzelpersonen betroffen. Weiter wurden in 20 Vorfällen Institutionen das Ziel antisemitischer Vorfälle. Die am weitesten verbreitete Form antisemitischer Artikulation war der Post-Schoa-Antisemitismus und trat in 52 % der Vorfälle auf. Er äußerte sich beispielsweise in einer Täter-Opfer-Umkehr oder in Formen der Schoa-Relativierung. Stereotypen des israelbezogenen Antisemitismus wurden in 30 % verwendet. Im antisemitischen Othering werden Jüdinnen und Juden als fremd oder nicht dazugehörig beschrieben, wenn Personen oder Institutionen als „Jude“ beschimpft werden. Dies geschah in 27 % der Fälle. Mit 60 gemeldeten Vorfällen kam es insbesondere auf der Straße zu antisemitischen Vorfällen.

Die Covid-19-Pandemie und die staatlichen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung sowie politische Ereignisse im Kontext des sog. Nahostkonflikts bildeten 2021 eine Gelegenheit, Antisemitismus offener zu artikulieren. Fast ein Drittel aller Vorfälle (43 von 131) haben einen direkten Bezug zur COVID-19-Pandemie. Diese Vorfälle wurden das ganze Jahr über registriert. 21 der insgesamt 131 Vorfälle bezogen sich auf die Eskalation des arabisch-israelischen Konflikts. Im Mai 2021, als es vermehrt zu antiisraelischen Demonstrationen kam, wurden die meisten Fälle registriert (32 Fälle in einem Monat).

Der Bericht zeigt: Antisemitismus ist auch in Niederachsen wandlungsfähig, wodurch er Anschluss in alltäglichen Debatten findet, und den Alltag von Jüdinnen und Juden prägt.

Den gesamten Bericht finden Sie hier: www.rias-niedersachsen.de

Alle Berichte der RIAS-Stellen finden Sie unter www.report-antisemitism.de

Kontakt: RIAS Niedersachsen | katarzyna.miszkiel-deppe@rias-niedersachsen.de | Tel. 01515 6384358

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Niedersachen dokumentiert antisemitische Vorfälle und wertet diese wissenschaftlich aus. Ziel von RIAS ist es, die Erfahrungen und Wahrnehmungen von Betroffenen sichtbar zu machen und das Dunkelfeld von Antisemitismus in Niedersachsen aufzuhellen. Es werden alle Formen von antisemitischen Vorfällen erfasst, auch solche, die keinen Straftatbestand erfüllen und die nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Träger der RIAS in Niedersachsen ist die Amadeu Antonio Stiftung.

Die RIAS Niedersachsen wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ mit Mitteln des BMFSFJ durch das Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen (L-DZ) und aus Mitteln des Niedersächsischen Justizministeriums durch das Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte gefördert und wird zusätzlich durch die Landeshauptstadt Hannover unterstützt.

Über die Amadeu Antonio Stiftung: Seit ihrer Gründung 1998 ist es das Ziel der Amadeu Antonio Stiftung, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent und überparteilich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Die gemeinnützige Stiftung steht unter der Schirmherrschaft von Wolfgang Thierse.

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