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Verfassungsschutzbericht 2021 – Qualitätssprung mit Leerstellen

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Berlin, 07.06.2022. Die heutige Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2021 kommentiert Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung:

Die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts erweckt den Eindruck eines fachlichen Qualitätssprungs. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, erwähnen Verschwörungserzählungen, rechtsterroristische Online-Milieus, Desinformation und Corona-Radikalisierung. Verschwörungserzählungen werden als wesentlicher Radikalisierungsmotor der Demokratiefeindschaft benannt. Das ist gut – dennoch bleibt das große Problem, dass der Verfassungsschutz die entsprechende Radikalisierung aus dem Rechtsextremismus ausklammert und damit entpolitisiert.

In der Querdenker-Bewegung vereinen sich Verschwörungsdenken, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Demokratiefeindschaft. Das ist die DNA rechtsextremer Ideologie. Wer die Phänomene auseinander rechnet, spielt damit Demokratiefeinden im Gewand von Corona-Protestlern in die Hände.

Erstmals spricht der Verfassungsschutz über die wachsende Szene junger Menschen, die sich online vernetzen, dort Rechtsterrorismus glorifizieren und Attentäter als Helden feiern. Es wäre wünschenswert, wenn diese Analyse auch dazu dient, Anschläge zu verhindern.

Die AfD ist Verdachtsfall rechtsextremer Bestrebungen und kann nachrichtendienstlich beobachtet werden. Haldenwang verweist auf Gerichtsurteile, die diese Einschätzung bestätigen. Dennoch taucht die Gesamtpartei wegen juristischer Auseinandersetzungen im Bericht nicht auf.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Desinformation aus Russland eine enorme Bedrohung  darstellt. Dennoch wird diese offenbar nicht mit dem organisierten Rechtsextremismus zusammengedacht, obwohl beide in der Praxis eng miteinander vernetzt sind. Die rechtsextreme Szene wird auch mit russischem Geld finanziert, in Russland trainieren Neonazis an der Waffe. Auch die AfD pflegt engste Verbindungen zum Kreml und wirkt als verlängerter Arm Putins in die deutschen Parlamente.

Offenbar gibt es nach der Ära Seehofer und vor allem nach Maaßen einen inhaltlichen Sprung. Zwar legt der Verfassungsschutz Dossiers an und zählt Demokratiefeinde – aber die Demokratie wird so nicht verteidigt. Demokratie wird jeden Tag vor Ort geschützt – durch die Zivilgesellschaft.

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