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Zum 30. Todestag von Amadeu Antonio: Rassismus muss umfassend bekämpft werden – Stiftung zählt 213 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990

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Berlin, 24.11.2020. In der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990 wurde der junge Angolaner Amadeu Antonio von einer Gruppe Neonazis durch Eberswalde gejagt und mit Latten und Baseballschlägern ins Koma geprügelt. Am 6. Dezember 1990 erlag er seinen schweren Verletzungen. Er war eines der ersten von 213 Todesopfern rassistischer Gewalt nach der Wende.

Amadeu Antonio wurde getötet, weil er Schwarz war, der Mord war Ergebnis eines sich rasant aufheizenden rassistischen Klimas, vor allem in den neuen Bundesländern.

„Während die einen die Wiedervereinigung feierten, wussten die anderen, dass für sie eine besonders schwere Zeit anbrechen sollte. Rassismus und eine rechte Szene gab es schon lange, auch in der DDR, und mit der Wende brach sich das endgültig Bahn“, erklärt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, die sich schon in der Bürgerrechtsbewegung in der DDR für Ausländer und Minderheiten einsetzte.

„Die Black Lives Matter-Proteste haben uns ganz deutlich vor Augen geführt, dass wir noch weit entfernt sind von einem Zustand ohne alltäglichen Rassismus. Damals wie heute muss es uns erschüttern, wenn Menschen in unserer Mitte wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion diskriminiert und noch immer auch ermordet werden. Es gibt noch sehr viel zu tun, für die Zivilgesellschaft genauso wie für die Politik“, erklärt Kahane.

Politisches Signal gegen Rassismus und Rechtsextremismus setzen

„Es mag Zufall sein, dass auf den 30. Jahrestag des tödlichen Angriffs auf Amadeu Antonio auch die letzte Sitzung des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus fällt. Die Mitglieder des Ausschusses sollten das aber als Chance begreifen, ein wirklich mächtiges Signal gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu setzen“, fordert Kahane.

Die Amadeu Antonio Stiftung mahnt eine bundesweite Strategie an, die alle Ressorts umfasst. Zudem fehlt ein gesetzlicher Rahmen, der die dauerhafte Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus gewährleistet, weshalb ein Demokratiefördergesetz überfällig ist.

Die Forderungen der NSU-Untersuchungsausschüsse müssen umfassend umgesetzt werden. Dazu gehört die flächendeckende Einrichtung von Staatsanwaltschaften, die sich ausschließlich mit Hasskriminalität befassen. Polizei und Justiz sollten bei Ermittlungen die Perspektive von Betroffenen verpflichtend einbeziehen.

Rechtsextrem motivierte Tötungsdelikte müssen überprüft werden

Amadeu Antonio war eines der ersten von heute 213 Todesopfern rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung, die die Amadeu Antonio Stiftung dokumentiert. Bis heute sind lediglich 109 Todesopfer staatlich anerkannt. Die Amadeu Antonio Stiftung fordert eine bundesweite Untersuchung der übrigen Fälle und verweist dabei auf das Vorbild Brandenburg. Dort hat ein Forschungsprojekt im Auftrag des Landes die Fälle gemeinsam mit Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft neu bewertet, wodurch weitere Fälle anerkannt wurden.

Gedenken in Eberswalde und online

Am 6. Dezember findet in Eberswalde eine Gedenkveranstaltung statt. Nach einer Auftaktkundgebung um 14 Uhr am ehemaligen „Hüttengasthof“ (Ecke Lichterfelder / Eberswalder Straße) zieht ein Demonstrationszug zur etwa 250 m entfernten Mahn- und Gedenktafel für Amadeu Antonio, wo nach kurzen Wort- und Musikbeiträgen Kerzen oder Blumen niederlegt werden können.

Für die Zeit zwischen dem 25. November und dem 6. Dezember 2020 wird zu digitalen Gedenkbeiträgen und Videobotschaften unter dem Hashtag #amadeuantonio aufgerufen.

Die Amadeu Antonio Stiftung erinnert auf der Website amadeu-antonio.de an das Leben des Angolaners, den rassistischen Mord und dessen Aufarbeitung.

 

Über die Amadeu Antonio Stiftung:

Seit ihrer Gründung 1998 ist es das Ziel der Amadeu Antonio Stiftung, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Die gemeinnützige Stiftung steht unter der Schirmherrschaft von Wolfgang Thierse.

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