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Neuerscheinung

12 Vorfälle pro Woche: Höchststand antisemitischer Vorfälle in Niedersachsen

650 antisemitische Vorfälle in Niedersachsen – so viele wie nie zuvor. Der neue Jahresbericht von RIAS Niedersachsen zeigt eindrücklich: Antisemitismus ist keine Randerscheinung, sondern Alltag für viele Jüdinnen und Juden im Land.

Vor allem seit dem 7. Oktober 2023 hat sich das gesellschaftliche Klima dramatisch verändert. Das Massaker der Hamas und der Krieg in Israel und Gaza schufen eine Gelegenheitsstruktur, die antisemitische Vorfälle begünstigte. Diese ist nicht die Ursache, aber sie lieferte den Nährboden, auf dem antisemitische Äußerungen und Handlungen massenhaft auftraten – so auch in Niedersachsen.

„Antisemitismus war 2024 für viele Jüdinnen und Juden keine abstrakte Bedrohung, sondern brutale Realität – selbst an Schutzorten wie Synagogen“, sagt Katarzyna Miszkiel-Deppe, Leiterin von RIAS Niedersachsen.

Ein bedrückendes Bild – in Zahlen und Geschichten

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der dokumentierten Vorfälle fast verdoppelt: von 349 auf 650. Die Spannbreite reicht von Beschimpfungen, Drohungen und Sachbeschädigungen bis hin zu körperlicher Gewalt – wie dem Brandanschlag auf die Synagoge in Oldenburg.

Besonders auffällig: Mehr als 400 der dokumentierten Vorfälle bezogen sich auf Israel – israelbezogener Antisemitismus ist inzwischen die häufigste Form. Er macht deutlich, wie stark antisemitische Einstellungen an aktuelle politische Entwicklungen andocken – unabhängig davon, ob Jüdinnen und Juden selbst damit zu tun haben.

RIAS Niedersachsen versucht mit seinem vierten Jahresbericht, das Dunkelfeld sichtbar zu machen. Die dokumentierten Vorfälle eröffnen Einblicke in die verschiedenen Dimensionen von Antisemitismus – von Alltagsfeindlichkeit über Verschwörungsideologien bis hin zu antisemitischer Gewalt. Im Zentrum stehen dabei die persönlichen Erfahrungen jüdischer Menschen in Niedersachsen, nicht nur als Zahlen, sondern als eindrückliche Geschichten.

Auch an Schulen und Hochschulen mehren sich antisemitische Vorfälle – oft subtil, manchmal offen aggressiv. 215 Personen wurden direkt angegriffen, beleidigt oder bedroht – ein massiver Anstieg gegenüber dem Vorjahr.

Ein Bericht, der zum Handeln auffordert

„Es reicht nicht mehr, Antisemitismus lediglich zu verurteilen oder routinemäßig Betroffenheit zu äußern“, sagt Michael Grünberg, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Osnabrück. „Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob der bisherige Umgang mit antisemitischen Straftaten noch angemessen ist.“

Der Bericht benennt Täterbilder, Tatorte, Ideologien – und zeigt auf, wo staatliches und zivilgesellschaftliches Handeln dringend nötig ist. Er liefert aber auch Anknüpfungspunkte für Schulen, Initiativen und politische Entscheidungsträger*innen.

Denn eines ist klar: Antisemitismus geht uns alle an.

Jetzt lesen – und nicht wegschauen

Der RIAS-Bericht 2024 ist ein Weckruf. Und er ist eine Einladung: sich zu informieren, hinzusehen, nicht gleichgültig zu bleiben. Wer verstehen will, wie sich Antisemitismus heute zeigt und warum Solidarität mit jüdischem Leben wichtiger ist denn je, sollte diesen Bericht lesen.

Zum Bericht: www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/antisemitische-vorfaelle-in-niedersachsen-2024

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