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Rukeli oder die Regeln des Respekts


Ein Temporäres Denkmal wird in Hannover an das Schicksal des sinti-deutschen Boxers Johann „Rukeli“ Trollmann erinnern, der im Nationalsozialismus diskriminiert, verfolgt und ermordet wurde. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt das Projekt „Rukeli oder die Regeln des Respekts“.

Der Förderverein Gedenkstätte Ahlem bietet für Vereine und Gruppen ein Netzwerk, das im Mai und Juni ein temporäres Denkmal in der Innenstadt von Hannover aufstellen wird, um an das Schicksal des Deutschen Meisters im Halbschwergewicht aus dem Jahr 1933 zu erinnern. Johann „Rukeli“ Trollmann wurde aufgrund der Stigmatisierung als Sinti unter den Nationalsozialisten diskriminiert, verfolgt und ermordet. Zu Beginn seiner Boxer-Karriere konnte sich Trollmann durch seine guten sportlichen Leistungen finanzielle Sicherheit und überregionale Bekanntheit erarbeiten. Jedoch wurde sein einzigartiger Boxstil als „undeutsch“ angesehn und ihm der Spitzname „Gypsi“ gegeben. Aufgrund fadenscheiniger Gründe wurde er bei der Auswahl für die Olympischen Spielen 1928 nicht nominiert.

1933 trat er im Kampf um die Deutsche Meisterschaft im Halbschwergewicht gegen den deutschen Boxer Adolf Witt an. Trollmann konnte einen klaren Sieg erreichen, doch der anwesende Vorsitzende des Verbandes deutscher Faustkämpfer und NSDAP-Mitglied Georg Radamm wollte den Kampf ohne Entscheidung werten. Nur die starken Proteste aus dem Publikum sorgten dafür, dass Johann Trollmann zum Deutschen Meister gekürt wurde. Nach wenigen Tagen wurde ihm der Titel jedoch vom Verband augrund eines „schlechten Boxstils“ wieder aberkannt. Eine Widerlegung der „Überlegenheit der arischen Rasse“ sollte nicht zugelassen werden. Diese sollte im folgenden Kampf gegen Gustav Eder erzwungen werden. Trollmann bekam vor dem Kampf die Anweisung auf seinen eigenen Boxstil zu verzichten. Der Entzug der Boxlizenz wurde ihm bei Nichteinhaltung dieser Auflagen angedroht. In den Ring stieg er mit blondgefärbten Haaren, die Haut mit Mehl eingedeckt und bot so die Karikatur eines arischen Idealbildes. Die Niederlage war eindeutig.

1942 wurde er von der Gestapo verhaftet und 1944 in Wittenberge, einem Außenlager des KZ Neuengamme, vom Kapo Emil Cornelius erschlagen.

Erinnern und Informieren

Die Künstlergruppe BEWEGUNG NURR (Alekos Hofstetter/Christian Steuer) und Florian Göpfert wollen mit ihrer Installation, bestehend aus einem stählernen Boxring mit Betonoberfäche, ein temporäres Denkmal für diesen außergewöhnlichen sinto-deutschen Boxer schaffen, dem aufgrund seiner ethnischen Wurzeln im Nationalsozialismus Erfolg und sozialer Aufstieg versagt blieben. Auch die workstation Ideenwerkstatt Berlin e.V. beteiligt sich an der Inititiative. Der Titel des Denkmals ist „9841“. 9841 war Trollmanns Häftlingsnummer. Besonders wichtig ist dem Netzwerk eine Verknüpfung der Verfolgung von Sinti und Roma unter den Nationalsozialisten und der Ausgrenzung und Diskriminierung der selben Gruppe heute in Deutschland und Europa. Besonders im Hinblick auf aktuelle antisemitische und antiziganistische Übergriffe. So kam es beim Stadtteilfest im Stadtteiltreff Hannover-Sahlkamp zu einem Angriff auf eine jüdische Tanzgruppe. Bei diesem wurden die Tänzerinnen und Tänzer mit Steinen beworfen.

Begleitend zu dem temporären Denkmal, dass auch schon eine zeitlang in Berlin zu sehen war,  wird in Kooperation mit dem Netzwerk Erinnerung und Zukunft und mit dem Historischen Museum Hannover ein breites Veranstaltungsprogramm angeboten. Neben dem Schicksal Trollmanns und der Verfolgung von Sinti und Roma während des Nationalsozialismus wird auch auf die gegenwärtige Situation von Sinti und Roma eingegangen und die interkulturelle Vielfalt in Hannover thematisiert. Ein spezielles pädagogisches Angebot für Schulklassen ab Klasse 9 bietet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit an einem Projekttag die Geschichte von Johann Trollmann kennenzulernen und diskriminierende Zuschreibungen zu hinterfragen. Das Projekt „Rukeli oder die Regeln des Respekts“ wird von der Amadeu Antonio Stiftung gefördert.


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