Im Jahr 2023 unterstützte der Opferfonds CURA mithilfe seiner Spender*innen Betroffene rechter Gewalt in 81 Fällen mit einer Summe von insgesamt 54.082,25 Euro (Stand Dezember 2023). Die Unterstützungssumme stieg damit, wie auch schon im vergangenen Jahr, weiter an. Die Anzahl der Anträge war im Jahr 2023 so hoch wie nie zuvor seit Bestehen des Opferfonds CURA. In den meisten Fällen, in denen CURA Betroffene unterstützte, waren die Taten rassistisch motiviert, auch zahlreiche Fällen von queerfeindlicher und antisemitischer Gewalt waren darunter. Außerdem stieg die Zahl der Unterstützungsfälle, in denen Betroffene wegen ihrer (zugeschriebenen) „linken“ politischen Einstellung angegriffen wurden, im Vergleich zu 2022 deutlich an.
Häufig fanden die Taten im direkten Wohnumfeld der Betroffenen statt. Teilweise wurden sie von Nachbar*innen schon über einen langen Zeitraum immer wieder bedroht, schikaniert und angegriffen. CURA half den Betroffenen in solchen Fällen unter anderem bei der Installation von Sicherheitsmaßnahmen. In besonders drastischen Fällen blieb den Betroffenen aber aufgrund der Bedrohung und der Belastung durch die Situation keine andere Möglichkeit, als wegzuziehen. Hier half der Opferfonds CURA bei der Bewältigung der damit verbundenen Kosten.
Rechte Gewalt führt zu harten Einschnitten in das Leben
Auch auf der Straße, in Lokalen oder öffentlichen Verkehrsmitteln fanden die rechten Gewalttaten statt und führten dazu, dass Betroffene in ihrem Alltag enorm eingeschränkt wurden und sich an bestimmten Orten gar nicht mehr oder nur unter großen Ängsten bewegen konnten. Mehrere der Betroffenen, die CURA unterstützte, wurden am Arbeitsplatz rassistisch schikaniert, beleidigt oder körperlich angegriffen. In einigen Fällen führte dies sogar dazu, dass die Betroffenen ihre Arbeitsstelle verloren. So kam zu der psychischen Belastung durch die Taten auch eine finanzielle Notlage.
Der Opferfonds CURA übernahm in einigen Fällen, in denen Betroffene durch die Angriffe teilweise schwer körperlich verletzt wurden, die Kosten für medizinische Behandlungsmaßnahmen oder die Kosten für die Fahrt zu Behandlungen. Auch durch die Übernahme von Lebenshaltungskosten, beispielsweise, wenn Betroffene durch Verletzungen und Erkrankungen durch die Angriffe von Einkommensausfällen betroffen waren, unterstützte CURA.
Einschüchterung durch Täter-Opfer-Umkehr
Mehrfach wurden die Betroffenen durch die Täter*innen im Nachhinein beschuldigt, selbst für die Taten verantwortlich zu sein, oder sie angriffen zu haben. Mit falschen Vorwürfen wurden sie angezeigt und so vom Opfer zur Täter*in erklärt. Diese Strategie wird gezielt angewendet, um Betroffene einzuschüchtern und daran zu hindern, selbst rechtlich gegen die Täter*innen vorzugehen. Die Betroffenen waren durch die Anzeigen und falschen Vorwürfe mit hohen Anwält*innen- und Gerichtskosten konfrontiert, bei denen der Opferfonds CURA sie unterstützte. Aber auch wenn die Betroffenen selber den Mut und die Kraft aufbrachten, juristisch gegen die Täter*innen vorzugehen, unterstützte sie der Opferfonds CURA bei den Kosten für die anwaltliche Vertretung. Auch Kosten für zerstörte Gegenstände oder Kleidung, Erholungsurlaub oder Selbstverteidigungskurse zur Wiederherstellung eines durch Angriffe zerstörten Sicherheitsgefühls übernahm der Opferfonds CURA.
Angegriffen wegen Zivilcourage
In zahlreichen Fällen wurden Betroffene angegriffen, nachdem sie couragiert bei gewaltsamen Angriffen eingeschritten sind, sich gegen Rechtsextremismus eingesetzt, oder rassistische und antisemitische Aussagen nicht unwidersprochen stehen gelassen haben.
So beispielsweise Herr T., der in seinem Wohnort zufällig an einer rechtsextremen und verschwörungsideologischen Demonstration vorbeiläuft. Er macht deutlich, mit deren Parolen nicht übereinzustimmen. Ein vor Ort bekannter Rechtsextremist greift ihn gewaltsam an und stößt ihn zu Boden. Weitere Demonstrationsteilnehmer*innen kommen hinzu und versuchen, sich am Angriff auf Herrn T. zu beteiligen. Die Tat und ihre Folgen belasten ihn psychisch stark. Weil die Täter im gleichen Ort wohnen, ist er nach wie vor einer Bedrohung ausgesetzt und macht sich große Sorgen um die Sicherheit seiner Familie. Eine weitere enorme Belastung: Der Täter verdreht die Tatsachen und zeigt T. wegen Körperverletzung an. Um sich gegen diese falschen Vorwürfe verteidigen zu können, benötigt Herr T. eine anwaltliche Vertretung, der Opferfonds CURA unterstützt ihn bei den Kosten. Mit Erfolg: Herr T. kann die Einstellung der Ermittlungen gegen sich erreichen.
Auf dem Heimweg mit dem Messer bedroht
Viele der Betroffenen, die CURA unterstützte, waren Geflüchtete. Nicht nur auf offener Straße wurden sie angegriffen, wie im Fall von Frau B. Sie erlebte in ihrem Wohnort schon früher etliche rassistische Anfeindungen und Bedrohungen. Eines Abends wird sie auf dem Heimweg vom Bahnhof zu der Unterkunft, in der sie lebte, von einem unbekannten Mann mit einem Messer bedroht. Über mehrere Wochen traut sie sich nicht, ihre Unterkunft zu verlassen. Der Opferfonds CURA übernimmt die Kosten für einen Selbstbehauptungskurs, um Frau B. dabei zu unterstützen, ihr zerstörtes Sicherheitsgefühl zu stärken. Auch innerhalb von Geflüchtetenunterkünften kam es mehrfach zu Angriffen auf Bewohner*innen, beispielsweise durch Sicherheitsmitarbeiter*innen, die Betroffene teilweise schwer verletzten.
Brandanschläge gegen Familie A.
Auffällig war 2023 außerdem, dass die rechte Gewalt in mehreren Fällen in Form von Brandanschlägen ausgeübt wurde. Betroffen war davon beispielsweise Familie A. Über mehrere Jahre wurden immer wieder Gegenstände wie beispielsweise Möbel, Kleidung oder Kinderwagen, auf die die Familie in ihrem Alltag dringend angewiesen ist, von Nachbar*innen angezündet. Das hat nicht nur große finanzielle Herausforderungen zur Folge, da die zerstörten Gegenstände immer wieder ersetzt werden müssen, sondern führt auch zu Ängsten und Unwohlsein im eigenen Zuhause. Um zumindest hinsichtlich der finanziellen Belastung etwas Abhilfe zu schaffen, unterstützte der Opferfonds CURA Familie mit einem Zuschuss zu den Kosten für die Wiederbeschaffung der zerstörten Gegenstände.
Die Anfragen auf Unterstützung für Betroffene, die bei CURA dieses Jahr so zahlreich waren wie nie zuvor, machen nicht nur die erschreckende Entwicklung von rechter, rassistischer, antisemitischer und anderer menschenverachtender Gewalt deutlich, sondern auch die dringende Notwendigkeit einer solidarischen Zivilgesellschaft, die sich dem entgegenstellt. Die Spender*innen des Opferfonds CURA machen diese Solidarität praktisch. Sie ermöglichen die finanzielle Unterstützung der Betroffenen und senden Ihnen damit eine wichtige Botschaft: wir lassen euch nicht alleine, sondern stehen an eurer Seite.