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Beate Fischer

, 32 Jahre (staatlich anerkannt)

Beate Fischer wurde am Abend des 23. Juli 1994 von drei Neonzis misshandelt, gefoltert und ermordert. Die Täter steigerten sich in einen frauenverachtenden Gewaltrausch.

Über das Leben von Beate Fischer ist leider nur sehr wenig bekannt. Als sie ermordet wurde, war sie 32 Jahre alt. Sie war Mutter zweier Kinder, die damals vier und sechs Jahre alt waren. Sie lebte im Ortsteil Weißensee, im heutigen Bezirk Berlin-Pankow. Sie war verheiratet, lebte aber von ihrem Mann getrennt. Nach ihrer Trennung wollte sie das Leben genießen, Dinge tun, die sie noch bisher noch nicht getan hatte.

Im misogynen Weltbild der Täter galten Sexarbeiterinnen als „minderwertig“

Beate Fischer kam am Morgen des 23. Juli 1994 von einer Feier. Am Berliner Ostbahnhof traf sie auf vier rechtsextreme Skinheads im Alter zwischen 18 und 21 Jahren. Die Neonazis sprachen Beate Fischer an, die zu dieser Zeit als Sexarbeiterin arbeitete – sie folgte den vier Männern daraufhin in eine Wohnung, die als rechtsextremer Szenetreffpunkt bekannt war.

Ob Beate Fischer den Skinheads freiwillig folgte, ist unklar. Die vier Männer behaupteten dies später gegenüber der Polizei. Eine Kollegin sagte jedoch in einer polizeilichen Vernehmung, sie würde Beate Fischer ein solches Verhalten nicht zutrauen, weil sie immer sehr vorsichtig gewesen sei und keinerlei Sympathie für Rechtsextreme gehabt habe.

In der Wohnung in Berlin-Reinickendorf kam es zu sexuellen Handlungen zwischen Beate Fischer und den Neonazis. Die Männer hielten sie mit Gewalt in der Wohnung fest und misshandelten sie auf grausamste Art und Weise. Über zehn Stunden lang quälten, demütigten, schlugen und vergewaltigen die Skinheads ihr Opfer. Beate Fischer versuchte mehrfach vergebens aus der Wohnung zu entkommen und die Täter davon zu überzeugen, sie freizulassen. Die Neonazis ließen ihrem Hass auf Frauen freien Lauf. Am Ende des Gewaltexzesses erdrosselten sie Beate Fischer mit einem Gürtel. Ihre Leiche wickelten die Täter in eine Decke und legten sie vor der Mülltonne eines Wohnhauses ab, wo Mieter:innen sie fanden.

Die Täter flüchteten, wurden aber nach und nach von der Polizei gefasst. Am 24. April 1995 wurden die vier Neonazis in mehreren Anklagepunkten verurteilt: drei von ihnen nach Jugendstrafrecht zu 9 und 10 Jahren Haft; der älteste der Täter zu einer lebenslangen Haftstrafe nach Erwachsenenstrafrecht. Alle vier Täter waren seit ihren frühen Jugendjahren Teil der gewaltorientierten rechtsextremen Szene gewesen. Ihre menschenverachtende Gesinnung brachten sie in den Vernehmungen zum Ausdruck. Das Gericht erkannte den Zusammenhang zwischen dem rechtsextremen Weltbild und der Misogynie der Täter. Im Urteil wurde hervorgehoben, dass die „Verachtung der Neonazis für Schwäche und Minderheiten“ ihr individuelles Gewissen lahmgelegt und sie somit zu der grausamen Tat befähigt habe. Die Skinheads hätten „nach ihrer Wolfsmoral Sex als die Bühne ihrer Macht benutzt“.

Als Motiv machte das Gericht ein Zusammenspiel aus Machtausausübung und der Verachtung von Frauen, die nicht den Vorstellungen der Täter entsprachen, aus: „Sie wussten, dass es sich bei ihr um eine Prostituierte handelte. Nach den Vorstellungen der Angeklagten gehörte sie damit einer Gruppe von Menschen an, die sie als ‚minderwertig‘ ansahen.“ Obwohl das Gericht die Motivlage erkannte und thematisierte, wurde Beate Fischer erst nach der Überprüfung durch das ZfA in der unten genannten Studie 2018 offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.

Das Gedenken an Beate Fischer

Der Mord an Beate Fischer fand zunächst keine große Beachtung in der Öffentlichkeit, insbesondere der rechtsextreme Hintergrund wurde kaum thematisiert. Das ist symptomatisch dafür, dass Misogynie häufig fälschlicherweise nicht als Teil rechtsextremer Ideologie verstanden wird. Inzwischen finden jährlich Veranstaltungen zum Gedenken an Beate Fischer statt. Engagierte erinnern an sie und sprechen dabei auch ihre Solidarität gegenüber all jenen aus, die von misogyner Gewalt betroffen sind.

Nachtrag: Beate Fischer wurde nach einer ausführlichen Untersuchung durch Wissenschaftler*innen des Zentrums für Antisemitismusforschung (PDF-Dokument) der Technischen Universität Berlin als Todesopfer rechter Gewalt nachgemeldet und staatlich anerkannt.

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