Die 29-jährige Angela S. und ihr zweijähriger Sohn Dario S. starben am Samstag den 19. Juni 1993 bei einem Brandanschlag auf ein Mehrfamilienhaus in Berlin-Kreuzberg.
In dem Mehrfamilienhaus, in dem Angela und Dario S. lebten, wohnten überwiegend Familien mit einer Migrationsgeschichte. Im Keller des Vorderhauses, in dem sich im Erdgeschoss eine kurdische Gaststätte befand, wurde in der Tatnacht um Mitternacht ein Feuer gelegt. Die Täter*innen setzten gelagerte Kleidung in Brand, das Feuer griff schnell auf den zweiten Flügel des Hauses über. Der Großteil der Bewohner*innen des Mehrfamilienhaus konnte von der Feuerwehr gerettet werden. Für Angela und Dario S. kam die Hilfe zu spät – sie starben an den Folgen einer Rauchvergiftung.
Ein weiterer Anschlag in der Nachbarschaft ereignete sich zwei Wochen zuvor
Drei Tage vor der Tat wurden Hakenkreuze an die Tür des Kellers sowie auf den Gehweg vor dem Kellereingang gesprüht. Außerdem haben Unbekannte am 06. Juni 1993 die Fußmatte einer Wohnungstür in der Nähe des Wohnhauses von Angela und Dario S. mit Benzin getränkt und in Brand gesetzt. Auch in diesem Haus lebten überwiegend Menschen mit Migrationsgeschichte.
Auffällig ist die zeitliche und örtliche Nähe dieser beiden Fälle zueinander, wie auch zum rassistischen Brandanschlag in Solingen im Mai desselben Jahres, bei dem fünf Menschen starben. Hierauf machten die Angehörigen der beiden Todesopfer und die Türkische Gemeinde zu Berlin aufmerksam. Das rechte Tatmotiv verdichtete sich.
Ermittler*innen suchten die Täter*innen unter wohnungslosen Personen
Die Polizei ermittelte trotzdem lediglich aufgrund von Brandstiftung. Sie setzte eine Belohnung von 10.000 D-Mark aus, um herauszufinden, ob der Brand von wohnungslosen Personen gelegt worden sei, die gelegentlich im Keller übernachteten. Aus einer Anfrage an den Bundestag geht hervor, dass ein rechtsextremer Hintergrund nach dem damaligen Ermittlungsstand von den Landesbehörden verneint wurde. Es wurden somit weder Verbindungen zu den Hakenkreuzschmierereien im Vorfeld gezogen, noch zum vorher stattgefundenen Brandanschlag auf ein weiteres Wohnhaus. Bis heute wurde der Fall nicht aufgeklärt.
Der Mord wird in der Chronik der Todesopfer rechter Gewalt als Verdachtsfall außerhalb der Zählung geführt.