Der 53-jährige Gustav Schneeclaus starb am 22. März 1992 an den Folgen einer körperlichen Misshandlung durch zwei Neonazis. Er wurde ermordet, weil er sich gegen die Verbrechen der Nationalsozialisten aussprach.
„Er war so ein guter Mensch“
Gustav Schneeclaus wurde am 12. November 1938 geboren. Als Kind erlebte er den Krieg und den deutschen Faschismus teilweise mit. Als Erwachsener arbeitet er zehn Jahre lang als Kapitän für Küstenmotorschiffe. Nach dieser Zeit heuerte er ab, um mit seiner Lebensgefährtin Edeltraut W. ein neues Leben in der Heimat Buxtehude zu beginnen. Edeltraut W. erinnert sich an ihren damaligen Lebensgefährten: „Er war so ein guter Mensch“.
Am 18. März 1992 traf Gustav Schneeclaus am Busbahnhof Buxtehude auf die Täter – zwei rechtsextreme Skinheads im Alter von 18 und 26 Jahren. Im Gespräch mit diesen bezeichnete Gustav Schneeclaus Adolf Hitler als „großen Verbrecher“. Daraufhin schlugen und traten die beiden Neonazis auf ihn ein und ließen ihr Opfer auf einer Wartebank liegend zurück. Kurze Zeit später kamen sie zurück – bewaffnet mit einer Zaunlatte. Sie misshandelten Gustav Schneeclaus weiter, steigerten sich in einen Gewaltrausch. Dabei feuerten die Täter sich gegenseitig an und riefen „mach ihn tot“.
Gustav Schneeclaus wurde nach dem Angriff von einem Passanten gefunden. Im Krankenhaus erlag er am 22. März den schweren Verletzungen.
Keine Verurteilung wegen Mordes aus niederen Beweggründen
Die Neonazis prahlten vor Freund:innen mit der Tat. Die Polizei konnte sie fassen. Der zuständigen Behörde waren die beiden Täter als zur rechtsextremen Szene zugehörig bekannt. Sie waren bereits wegen Raubes, Körperverletzung und Sachbeschädigung vorbestraft. Stefan S. wurde vom Landgericht wegen Totschlags zu sechs, Stephan K. zu acht Jahren Haft verurteilt. Es fand keine Verurteilung wegen Mordes aus niederen Beweggründen, wie es bei Morden aus menschenverachtenden Motiven heißt, statt. Dies hätte eine lebenslange Haftstrafe zur Folge gehabt.
Stefan S. ist heute einer der führenden Neonazis in Norddeutschland. Er wurde nach Beendigung seiner Haftstrafe wieder mehrfach rechtskräftig verurteilt. Zeitweise betrieb er den rechtsextremen Szeneladen „Streetwear“ in Tostedt. Stefan K. wurde 2018 zu zehn Jahren Haft verurteilt, nachdem er im Dezember des Vorjahres einen Bombenanschlag auf den Hamburger S-Bahnhof Veddel verübte. Dazu stellte er eine Plastiktüte mit 73 Schrauben und zwei pyrotechnischen Sprengkörpern auf dem Bahnsteig ab und zündete diese nach dem Einfahren einer S-Bahn.
Heute erinnert ein Gedenkstein am Busbahnhof Buxtehude an Gustav Schneeclaus, ein Platz wurde dort 2018 in Gustav-Schneeclaus-Platz umbenannt. Ein breites antifaschistisches Bündnis hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gustav Schneeclaus in die Erinnerungskultur von Buxtehude einzubetten.