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Horst Pulter

, 65 Jahre (staatlich anerkannt)

Der Obdachlose Horst Pulter wird in der Nacht zum 5. Februar 1995 in einem Park in Velbert (Nordrhein-Westfalen) von rechtsextremen Jugendlichen erstochen.

In der Nacht vom Samstag auf Sonntag zieht eine Gruppe von sieben jungen Männern zwischen 16 bis 24 Jahren durch Velbert. Sie kommen von einer Party und sind alkoholisiert. Ihr Ziel ist der Herminghauspark, dort wollen sie ausprobieren, wie oft man einem Schwan den Hals umdrehen muss, um ihm den Kopf abzureißen. Stattdessen beschließen sie „Penner klatschen“ zu wollen.

In dieser Nacht hat sich der 65-jährigen Obdachlose Horst Pulter sein Nachtquartier auf einer überdachten Bank im Herminghauspark gesucht. Als die jungen Männer auf den Schlafenden treffen, traktieren sie ihn mit Schlägen und treten mit Springerstiefeln auf ihn ein. Sie beschimpfen ihn als „Penner“ und „Scheiß Jude“. Als die anderen sich bereits von ihrem Opfer abwenden, zieht der 22-jährige Haupttäter ein Steakmesser, das er aus einer Pizzeria gestohlen hatte, und versetzt Horst Pulter einen tödlichen Stich durch den Rücken in die Lunge. Pulter wird am Morgen gegen 8.30 Uhr von Spaziergängerinnen tot aufgefunden.

Als die Wohnungen der Täter durchsucht werden, finden die ermittelnden Polizeibehörden Hakenkreuzfahnen an den Wänden und Fotos, auf denen sie mit dem „Hitlergruß“ posieren.

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal bezeichnet die Tat als „menschenverachtend und kaltblütig“; auch am „nationalsozialistischen Hintergrund“ bestehe kein Zweifel. Das Opfer sei jedoch zufällig ausgewählt worden. Einer der Angeklagten sagt vor Gericht aus: „Ich trat zuerst in den Wäscheklumpen, forderte dann die anderen auf, mitzumachen. Wir waren alle gewaltgeil.“ Der Haupttäter machte vor Gericht keinen Hehl aus seiner menschenverachtenden Einstellung: „Ich habe der röchelnden und stöhnenden Kreatur ein Ende gesetzt.“ Der 22-Jährige war zuvor wegen seiner rechtsextremen Umtriebe aus der Bundeswehr entlassen worden. Einer lebenslangen Haftstrafe entgeht der Täter, da er „zur Tatzeit alkoholisiert (etwa drei Promille) und damit vermindert steuerungsfähig war“.

Im November 1995 verurteilt das Jugendschöffengericht Mettmann sechs Angreifer wegen Körperverletzung zu Freiheits- und Bewährungsstrafen von jeweils zwei Jahren und neun Monaten. Den Haupttäter verurteilt das Schwurgericht Wuppertal im Dezember 1995 wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu zehn Jahren Haft. Das Gerichtsurteil lautet, dass „die Täter aus einer gegenüber Obdachlosen feindlichen Haltung heraus gehandelt haben.“

Spätestens seit Einführung der neuen Erfassungskriterien, PMK-rechts im Jahre 2001, hätte der Fall in der offiziellen Statistik auftauchen müssen. Gemäß dem Urteil ist die Tat eindeutig dem Phänomenbereich „Hasskriminalität“ zuzurechnen. Zu dieser Einschätzung kommt bereits im September 2001 ein Sprecher des Polizeipräsidiums Düsseldorfs. Doch das Polizeipräsidium Düsseldorf hat seine neuen Erkenntnisse offenbar nicht an das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen weitergegeben.

Späte staatliche Anerkennung

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen überprüfte ab Mitte 2022 im Rahmen seines Projekts „ToreG NRW“ (Todesopfer rechter Gewalt in NRW) 30 zurückliegende Gewaltdelikte aus den Jahren 1984 bis 2020 auf eine mögliche politische Tatmotivation. Anfang September 2024 gab Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul bekannt, dass drei der geprüften Fälle nun als rechtsmotiviertes Tötungsdelikt zu bewerten sind. Zu diesen drei Fällen gehört auch Horst Pulter.

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