Auf das Haus der in Solingen lebenden Familie Genç wird am 29. Mai 1993 ein Brandanschlag verübt. Dabei sterben fünf Familienmitglieder: Gürsün İnce (27), Hatice Genç (18), Gülüstan Öztürk (12), Hülya Genç (9), Saime Genç (4).
Hülya war eine fleißige Schülerin. Sie konnte es kaum erwarten, ihr neues Kleid für das Opferfest, das zwei Tage später stattfand, zu tragen und mit ihren Freundinnen gemeinsam zu feiern
Der Brandanschlag fiel in eine Zeit, in der eine ganze Serie von rassistischen Anschlägen das frisch vereinte Deutschland überzog: Hoyerswerda, Mölln, Rostock. Die Reaktion der Politik darauf: Eine Grundgesetzänderung, die das Recht auf Asyl deutlich einschränkte. Drei Tage, nachdem der Bundestag diesen sogenannten Asylkompromiss verabschiedet hatte, brannte das Haus der Familie Genç. An diesem Tag platzt auch für den letzten die Illusion, dass Brandanschläge gegen Migrant*innen ein rein ostdeutsches Problem seien.
Noch in der Brandnacht sagte der damalige Bürgermeister von Solingen, Gerd Kaimer: „In Solingen gibt es kein rechtsextremes Potenzial.“ Dabei waren es vier Solinger, die den Brand legten. Die zur Tatzeit 16, 17, 20 und 23 Jahre alten Täter gehörten zur örtlichen Neonaziszene. Die vier wollten „den“ Türken einen „Denkzettel“ verpassen und zogen zum Haus der Familie Genç. Dort legten sie im Eingangsbereich das Feuer.
Am 13.10.1995 verurteilt ein Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts vier junge Solinger, die zur Tatzeit 16, 17, 20 und 23 Jahre alt waren, wegen auf Ausländerhass basierenden fünf-fachen Mordes, 14-fachen Mordversuches und besonders schwerer Brandstiftung zu einmal 15 und dreimal zehn Jahren Haft.
Den Trauerfeierlichkeiten blieb der damalige Bundeskanzler Kohl fern. Seine Absage hatte er über seinen Regierungssprecher verkünden lassen: Man wolle nicht in „Beileidstourismus“ verfallen und verwies auf die „weiß Gott anderen wichtigen Termine“ des Kanzlers.
Doch allen voran Mevlüde Genç setzte sich vehement für die Erinnerung an die Opfer ein und wurde zu einer unermüdlichen Kämpferin für Toleranz. Heute gibt es in Solingen viele Orte, die an den Brandanschlag und dessen Opfer erinnern.