Ingo Binsch wurde am 5. November 2001 von drei Rechtsextremen über einen längeren Zeitraum in Berlin-Marzahn misshandelt. Außerdem wirkten die Täter mit ihrem gesamten Körpergewicht auf den Brustkorb ihres Opfers ein. Infolge des tödlichen Stresses, der durch den Angriff verursacht wurde, starb Ingo Binsch an einem Herzinfarkt.
Er hatte gerade eine Lebensgefährtin gefunden, als sein Leben auf grausame Art und Weise beendet wurde
Über das Leben von Ingo Binsch ist leider fast nichts bekannt. Er wurde 1965 in Altlandsberg geboren – einer brandenburgischen Kleinstadt nah an Berlin. Kurze Zeit vor seinem Tod lernte er seine damalige Lebensgefährtin kennen. Sie lebten gemeinsam im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf.
Ingo Binsch hielt sich am Abend des 5. November 2001 gemeinsam mit seiner Partnerin und deren Tochter in einer Wohnung in Marzahn-Hellersdorf auf. Seine Lebensgefährtin hatte noch zwei weitere Söhne im Alter von 22 und 24 Jahren. Die beiden Söhne waren überzeugte Neonazis. Gemeinsam mit einem Freund hielten sie sich am Abend der Tat in einer Kneipe auf und tranken dort Alkohol. Die drei sprachen über Ingo Binsch und den Stiefvater der beiden Halbbrüder. Dieser hatte vor kurzem Suizid begangen. Einer der beiden Brüder behauptete, Ingo Binsch würde ihm 40 DM schulden und wäre gewalttätig gegenüber seiner Mutter gewesen. Daraufhin beschlossen die drei Neonazis, Ingo Binsch zur Rede zu stellen und das Geld einzutreiben.
Sie gingen zu der Wohnung und trafen dort gegen 21:30 Uhr ein. Im Treppenhaus forderte einer der Täter die anderen beiden auf sich so zu verstecken, dass man sie von der Wohnungstür aus nicht sehen könne. Die Lebensgefährtin Ingo Binschs öffnete die Tür, und die drei Neonazis traten ohne eine Begrüßung ein. Sie gingen sofort zu Ingo Binsch, der im Wohnzimmer saß. Die beiden Brüder machten ihm lautstarke Vorwürfe. Als er nicht darauf reagierte, begannen sie, ihn anzugreifen. Sie steigerten sich in einen Gewaltexzess. Während einer der Täter Ingo Binsch festhielt, schlug ein anderer auf ihn ein. Die Angreifer versetzen ihm mehrere Schläge in die Nierengegend und ließen erst von ihm ab, als die Lebensgefährtin Ingo Binschs damit drohte, die Polizei zu rufen. Die drei Angreifer flohen daraufhin aus der Wohnung und gingen zurück in die Kneipe, aus der sie gekommen waren.
Ingo Binsch klagte nach der Attacke über starke Schmerzen und Übelkeit. Seine Lebensgefährtin rief den Notarzt, der kurze Zeit später eintraf. Die Sanitäter stellten einen Herz-Kreislauf-Stillstand fest. Nachdem eine Wiederbelebung erfolglos blieb, wurde um 23:30 Uhr Ingo Binschs Tod festgestellt. Im Gerichtsurteil hieß es dazu: „Infolge des tödlichen Stresses, den die Angeklagten mit ihrem Angriff auf Ingo Binsch auslösten, erlitt das Opfer einen tödlichen Herzinfarkt.“
In der rechtsextremen Szene lernten die Täter, dass Gewalt ein geeignetes Mittel ist
Die drei Täter wurden am 15. Mai 2002 vor dem Landgericht Berlin wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter Nötigung verurteilt – zu Haftstrafen zwischen dreieinhalb und sechseinhalb Jahren. Der rechtsextreme Hintergrund der Täter wurde zwar vor Gericht thematisiert, es wurde jedoch kein Bezug zum Mord an Ingo Binsch hergestellt. Ein politisches Motiv wurde nicht erkannt.
Alle drei Täter waren zuvor schon durch Gewalthandlungen aufgefallen, die aus rechtsextremen Gruppen heraus begangen wurden. Dabei gingen die Angeklagten mit ähnlicher Brutalität vor wie bei dem Angriff auf Ingo Binsch. In der rechtsextremen Szene lernten die Täter, dass Gewalt, schwere Gewalt, ein geeignetes Mittel ist. Fortwährend praktizierten sie Gruppengewalt gegenüber Menschen, die ihnen schwächer erschienen. Auch wenn menschenfeindliche Einstellungen die Täter nicht direkt zum Angriff auf Ingo Binsch motivierten, so war doch das in der rechtsextremen Szene erlernte Verhältnis zu Gewalt ursächlich für ihr Handeln. Man spricht hierbei von einer rechtsextremen Gewalthabitualisierung.
Erst 2018 wurde Ingo Binsch nach einer ausführlichen Untersuchung des Falls durch Wissenschaftler*innen des Zentrums für Antisemitismusforschung (PDF-Dokument) der Technischen Universität Berlin wegen der sozialdarwinistische Motivation als Todesopfer rechter Gewalt nachgemeldet und staatlich anerkannt.