Am 23. August 2008 wird Karl-Heinz Teichmann in Leipzig (Sachsen) mehrfach so brutal von einem Neonazi verprügelt, dass er am 6. September 2008 an den Folgen des Angriffs verstirbt.
Über das Leben von Karl-Heinz Teichmann sind leider kaum Informationen bekannt. Zum Tatzeitpunkt ist er 59 Jahre alt und schlägt sich ohne Wohnung auf der Straße durch.
Ermordet aus Menschenverachtung
In der Tatnacht schläft Teichmann auf einer Parkbank am Schwanenteich im Leipziger Stadtzentrum. Währenddessen kehren zwei Neonazis gerade von einem rechtsextremen Aufmarsch im Leipziger Osten zurück. Als sie Teichmann erblicken, greift einer der Neonazis den wehrlos Schlafenden direkt an. Der Täter sagt zu Teichmann, dass dieser „nicht hier pennen solle”, schlägt mehrmals brutal auf ihn ein und tritt ihm ins Gesicht. Daraufhin verlässt er den Tatort zunächst, um Freunde zu treffen und lässt sein Opfer, das bereits Blut spuckt, liegen. Etwa eine halbe Stunde später kehrt der Neonazi an den Tatort zurück und prügelt weiter auf Teichmann ein. Am frühen Morgen entdeckt eine Passantin den blutüberströmten und vom Regen durchnässten Teichmann auf der Parkbank. Sie versucht vergebens, das nahegelegene Polizeirevier zu informieren. Auf die an der Gegensprechanlage geäußerte Meldung erfolgt zunächst keine Reaktion. Erst nach anderthalb Stunden trifft die Polizei am nur 200 Meter entfernten Tatort ein und findet den Schwerverletzten. Nachdem er ins Krankenhaus eingeliefert wird, verstirbt Karl-Heinz Teichmann am 6. September 2008 an den Folgen der ihm zugefügten Verletzungen.
Gericht blendet rechtes Tatmotiv aus
Im März 2009 verurteilte das Leipziger Landgericht den Täter wegen heimtückischen Mordes zu einer Haftstrafe von acht Jahren und drei Monaten. Aufgrund von „Reifedefiziten“ wird der damals 18-jährige Neonazi nach dem Jugendstrafrecht beurteilt. Während die Staatsanwaltschaft erklärt, der Täter habe Teichmann „zum bloßen Objekt degradiert“, kann das Gericht kein sozialdarwinistisches Tatmotiv erkennen. „Aus seiner schlechten Laune heraus störte ihn der Anblick des schlafenden Mannes, dessen Schlafplatz er willkürlich als unpassend bewertete“, heißt es stattdessen im Urteil. In einem Fernsehinterview sagt sogar der Verteidiger des Täters in Hinblick auf das Tatmotiv deutlich: „Das kann man nicht wegdiskutieren, eine Tat mit rechtem Hintergrund. Natürlich.“ Trotzdem wertet das Gericht den Mord nicht als rechtsextrem motiviert. Von polizeilicher Seite wird der Mord als „normale Straftat unter Alkoholeinfluss“ eingestuft. Karl-Heinz Teichmann ist trotz aller Hinweise bis heute nicht staatlich als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Kein Vergessen
Die Initiative „Gedenken an Karl-Heinz Teichmann“ setzt sich für ein würdiges Gedenken an Karl-Heinz Teichmann ein und fordert weiterhin, dass er als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt wird. Anlässlich des 13. Todestages erneuerte die Initiative 2021 die zerstörte Gedenkplatte, die sich auf der Bank am Schwanenteich an der Leipziger Oper befindet. 2020 erinnerte das Leipziger Bündnis „Rassismus tötet“ mit einer Demonstration und Redebeiträgen an Karl-Heinz Teichmann und weitere Todesopfer rechter Gewalt in Leipzig.