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Kevin Schwarze

, 20 Jahre (staatlich anerkannt)

Am Mittag des 9. Oktober 2019 versucht ein Rechtsterrorist mit Sprengsätzen und Schusswaffen in eine Synagoge im Paulusviertel in Halle (Saale) einzudringen. Sein Ziel ist es, am höchsten jüdischen Festtag, dem Jom Kippur, einen antisemitischen Massenmord zu begehen – in der Synagoge halten sich zu diesem Zeitpunkt 51 Menschen auf. Er will möglichst viele Juden ermorden. Max Privorozki, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Halle, berichtet später, dass sich die Menschen in der Synagoge mit Möbeln verbarrikadierten, um den Täter am Eindringen zu hindern.

Während der Täter versucht, Sprengsätze an der Synagoge zu deponieren, wird er von einer zufällig vorbeikommenden Passantin auf sein Verhalten angesprochen. Er erschießt die 40-Jährige Jana Lange daraufhin rücksichtslos mit einer vollautomatischen Schusswaffe. Sie erliegt noch vor Ort ihren Verletzungen.

Die Tür der Synagoge, die durch die Jewish Agency finanziert wurde, die der Jüdischen Gemeinde in Halle ein paar Jahre zuvor 13.000 Euro spendete, gibt auch nach mehreren Schüssen nicht nach, woraufhin der Täter zu einem nahegelegenen Döner-Imbiss fährt. Mit der Absicht, Migrant*innen umzubringen, schießt er in dem Laden um sich – und ermordet den 20-jährigen Kevin Schwarze. Kevin war einfach nur Gast, der sich zufällig im Laden aufhielt. Vor Gericht sagte er, er habe ihn wegen seiner schwarzen Haare für einen „Nahöstler“ gehalten, auch hier wird das rassistische Motiv deutlich. Vor Gericht zeigt er sich später reuevoll für den Mord an Jana und Kevin“, ich wollte ja keine Weißen töten.“, aber nicht für die Tat selbst. Bei der darauffolgenden Flucht verletzt der 27-Jährige Täter zwei weitere Menschen schwer, bevor er von den Einsatzkräften überwältigt und verhaftet werden kann. Unter ihnen Adiraxmaan Aftax, der als Geflüchteter nach Halle kam und sich im Halle-Prozess, als einer von 43 Nebenkläger*innen für die Anerkennung des rassistischen Mordversuchs einsetzte.

Kevin Schwarze – Fußballfan und Malermeisterlehrling 

Kevin Schwarze war großer Fußballfan. Oft ist er mit seinem Vater zusammen zu Spielen des HFC gefahren, auch in einem Fanclub war er Mitglied. Er war körperlich und geistig behindert und ist acht Jahre lang auf eine Förderschule gegangen. Eine Woche vor dem Anschlag begann er eine Ausbildung als Maler. “Megastolz” sei er darüber gewesen, berichtet der Vater während des Gerichtsprozesses. Kevin habe sich darauf gefreut, bald seine Fußballkarten selbst kaufen zu können. Sein Vater hält die Erinnerung an seinen Sohn zusammen mit Mitgliedern des HFC Fanclubs nach wie vor aufrecht.

Gamification von Rechtsterrorismus

Wie bei den Anschlägen von Christchurch, Poway und El Paso filmt auch der Täter von Halle  die gesamte Tat mit einer Helmkamera und stellte das Video live ins Internet. Dieses gibt, gemeinsam mit einem online veröffentlichten ‚Manifest‘, Aufschluss über die zutiefst menschenverachtende Ideologie, die den Täter zu dem Anschlag motivierte – und offenbart die Verstrickung von Antifeminismus, Antisemitismus und Rassismus im rechtsextremen Weltbild.

Als Teil einer rechtsextremen Subkultur, die sich in Onlineforen und auf Plattformen für Gamer radikalisiert und vernetzt, richtet der Täter sich mit seinen teilweise englischsprachigen Botschaften an ein globales Publikum und erhofft sich Anerkennung für seine grausame Tat. Diese neue, virtuelle Art des Rechtsterrorismus weist starke Bezüge zum Gaming auf: So sprach der Täter während des Anschlags von „achievements“ (engl. Erfolgen), also in Computerspielen üblichen Aufgaben, die der Vergleichbarkeit mit anderen Spieler*innen dienen. Der ‚Gipfel‘ dieser digitalen Glorifizierung von realen Morden und Hass ist die Vergabe von Highscores für die ‚erfolgreichsten‘ rechtsextremen Anschläge – gemessen an der Zahl der Todesopfer.

Lebenslange Haftstrafe für den Täter

Der Tätergesteht die Tat kurze Zeit nach seiner Verhaftung und bestätigt das antisemitische, rechtsextreme Motiv. Er wird wegen zwei Morden, 66 Mordversuchen, räuberischer Erpressung, fahrlässiger Körperverletzung und Volksverhetzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

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