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Mete Ekşi

, 19 Jahre

Am 13.11.1991 starb der 19-jährige Mete Ekşi an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas, das ihm bei einem rassistischen Angriff zugefügt wurde. Auf dem Adenauerplatz in Berlin-Charlottenburg kam es in der Nacht zum 27.10.1991 zu einer tödlichen Auseinandersetzung, nachdem eine Gruppe Jugendlicher die türkische Sprache von Mete Ekşi und seinen Freund:innen auf rassistische Weise nachäffte.

Mete Ekşi war ein Mensch mit starkem Sinn für Gerechtigkeit

Mete Ekşi wurde 1972 in Berlin geboren. Seine Familie stammte aus der Türkei. Gemeinsam mit seinen drei Schwestern und seinen Eltern lebte er in Berlin-Kreuzberg. Er ging in Berlin-Charlottenburg zur Schule und machte dort sein Abitur. Sein Traum war es, nach der Schule Kriminalbeamter zu werden. Seine Freizeit verbrachte er am liebsten mit seiner Saz – einer in der Türkei beliebten Laute.

Von seiner Familie wird Mete Ekşi als ein Mensch mit starkem Sinn für Gerechtigkeit beschrieben „Er war ein Mensch, der immer Gerechtigkeit wollte“, erinnert sich seine Schwester Mine Ekşi. „Er war einer, der uns stets gesagt hat: ‚Nicht streiten, lieber reden.‘ Er hat sich für ein gutes Zusammenleben eingesetzt. Leider hat er etwas bekommen, das er nicht verdient hat.“

Er versuchte, zwischen den sreitenden Gruppen zu schlichten

In der Tatnacht war Mete Ekşi gemeinsam mit vier Freund:innen zu Besuch im Lokal „Graffiti“ am Adenauerplatz in Berlin-Charlottenburg. Er war zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt, hatte gerade sein Abitur gemacht. Die fünf Freund:innen standen kurz nach Mitternacht vor dem Lokal und unterhielten sich auf Türkisch. Sie trafen auf die Tätergruppe – drei Brüder im Alter von 16, 22 und 23 Jahren. Die Brüder äfften die türkische Sprache der Freund:innen Mete Ekşis nach, woraufhin es zu einem Streit zwischen den beiden Gruppen kam. Einer der Betroffenen sagte vor Gericht, dass neben der abwertenden Belustigung über die türkische Sprache noch weitere rassistische Beleidigungen gefallen seien.

Die Situation entwickelte sich zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung. Einer der Freunde Mete Ekşis holte im Zuge der Schlägerei einen Baseballschläger aus seinem Pkw. Er sagte später aus, er habe den Schläger nicht als Waffe benutzen, sondern lediglich damit drohen wollen, um die Auseinandersetzung zu beenden. Der Schläger wurde ihm jedoch sogleich von dem ältesten der drei Brüder entrissen.

Mete Ekşi versuchte bis dahin, den Streit zwischen den beiden Gruppen zu schlichten. Er war selbst nicht direkt an der körperlichen Auseinandersetzung beteiligt, sondern redete auf die Beteiligten ein, den Konflikt beizulegen. Trotzdem wurde er vom späteren Hauptangeklagten mit dem Schläger angegriffen. Der älteste Bruder schlug Mete Ekşi plötzlich und ohne jede Vorwarnung mit dem Baseballschläger gegen den Hinterkopf. Mete Ekşi ging sofort stark blutend zu Boden.

„Es gibt keine Gerechtigkeit für Ausländer in Deutschland“

Die drei Brüder versuchten nach der Tat zu fliehen, wurden aber von der Polizei aufgegriffen und festgenommen. Zum Prozess kam es erst zweieinhalb Jahre nach der Tat. Am 21.1.1994 wurde Michael Sch., der Mete Ekşi den tödlichen Schlag versetzt hatte, wegen Körperverletzung mit Todesfolge – nicht wegen Mordes – zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte bereits eine Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer türkeistämmigen Frau verbüßen müssen und war wegen weiterer Delikte strafrechtlich in Erscheinung getreten: wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und gemeinschaftlicher Körperverletzung.

Auch zwei der Freund:innen Mete Ekşis wurden in einem getrennten Verfahren wegen Beteiligung an einer Schlägerei verurteilt. Gegen alle weiteren Beteiligten der Auseinandersetzung, einschließlich der beiden Brüder als Mittäter, wurden Verfahren eingeleitet, die gegen Auflagen eingestellt wurden.

Der Konflikt zwischen den beiden Gruppen wurde unmittelbar durch das rassistische Nachäffen der Sprache der Betroffenen provoziert. Für die Freund:innen Mete Ekşis, die bei der Tat anwesend waren, sowie für die Angehörigen war klar, dass es sich bei der Ermordung Mete Ekşis um einen rassistischen Mord handelte. Die Tat fiel außerdem in eine Zeit, in der Angriffe auf Migrant:innen an der Tagesordnung standen. Auch in Berlin herrschte eine aufgeheizte Stimmung, der Rassismus richtete sich hier vor allem gegen Türkeistämmige als größte Minderheitsgruppe.

Vor Gericht forderten türkeistämmige Gruppen und Personen „Gerechtigkeit für Mete Ekşi“. Von der Richterin der Jugendkammer des Landgerichts Berlin wurde die Tat jedoch massiv entpolitisiert und Rassismus als Motiv nicht anerkannt. Die Richterin sprach gar davon, die gegenteilige Sichtweise der Türkischen Gemeinde sei eine „Überreaktion“ auf die rassistischen Ausschreitungen in Hoyerswerda, die kurze Zeit vor dem Mord an Mete Ekşi stattfanden.

Den Aussagen der Betroffenen zum rassistischen Tatmotiv der drei Brüder wurde vor Gericht nicht geglaubt. Mete Ekşis Mutter kommentierte das Urteil fassungslos mit den Worten: „Es gibt keine Gerechtigkeit für Ausländer in Deutschland.“

Das Gedenken an Ekşi

Der Tod Mete Ekşis hat großes Aufsehen erregt und Trauer und Entsetzen ausgelöst. An einem Trauermarsch am 16.11.1991, drei Tage nach seinem Tod, nahmen 5.000 Menschen teil und riefen gegen Rassismus auf.

Heute erinnert ein Gedenkstein am Adenauerplatz in Berlin an Mete Ekşi. Zudem gründeten der Türkische Elternverein Berlin-Brandenburg e.V. und der Landesverband Berlin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft einen Mete Ekşi Fonds. Der Fonds vergibt jährlich einen Preis in Höhe von 3.000 Euro an Jugendliche oder Jugendgruppen, die sich für ein friedliches, tolerantes und gleichberechtigtes Zusammenleben aller Jugendlichen in Berlin einsetzen.

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