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Mohammed Belhadj

, 31 Jahre

Der 31-jährige Mohammed Belhadj wurde in der Nacht zum 22. April von vier Männern im Alter zwischen 18 und 22 Jahren erst schwer misshandelt und anschließend ermordet – aus menschenverachtenden Motiven.

Er kam nach Deutschland, um Schutz vor Gewalt zu finden

Mohammed Belhadj war acht Jahre vor der Tat vor gewalttätigen Auseinandersetzungen aus seiner Heimat Algerien in die Bundesrepublik geflohen. Seitdem wartete er vergeblich auf Asyl. Zuletzt lebte er in einer Unterkunft für Menschen mit Fluchtgeschichte in Anklam.

Schon einige Zeit zuvor wurde ein Freund von ihm Opfer einer rassistisch motivierten Attacke. Mohammed Belhadj griff couragiert ein. Einer der Täter stürzte dabei in eine Scheibe und verletzte sich – Mohammed Belhadj musste deswegen vier Monate ins Gefängnis.

Drei Tage vor seinem gewaltsamen Tod, an seinem 31. Geburtstag, hatte er noch mit seiner Schwester in Oran telefoniert und angekündigt, er wolle bald zurückkehren. Am 16. Mai 2001 wurde der tote Mohammed Balhadj am Flughafen Houari Boumedienne in Algier seinen Eltern übergeben.

Sein Vater äußerte nach dem gewaltsamen Tod seines Sohnes nur einen einzigen Wunsch: „Ich möchte wissen unter welchen Umständen mein Sohn gestorben ist. Er wurde gelyncht, entstellt. Man bringt ihn mir in einer Kiste zurück und ich kann nicht einmal ein letztes Mal sein Gesicht sehen.“

Rassismus als Tatmotiv

Vier von der Insel Usedom stammende Männer zwischen 18 und 22 Jahren trafen Mohammed Belhadj am Abend des 21. April 2001 an einer Tankstelle in Greifswald. Was genau passiert ist, lässt sich nicht zweifelsfrei rekonstruieren, da die Täter die einzigen Zeugen sind. Fest steht: Die vier Männer bewegten Mohammed Belhadj dazu, in ihr Auto zu steigen. Dort schlugen und misshandelten sie ihn über Stunden und überlegten, „was sie mit ihm machen sollen“. Sie fuhren mit ihm zum Zarrenthiner Kiessee – um ihn „wegzubringen“, wie einer der Täter später aussagte. Dort angekommen zerrten sie ihn aus dem Wagen, traten mit schwerem Schuhwerk auf ihn ein und zwangen ihn ins Wasser. Anschließend warfen sie dem im Wasser liegenden Mohammed Balhadj einen schweren Stein auf den Kopf. Laut Obduktionsbericht waren Unterkühlung und Ertrinken als Todesursachen auszumachen, maßgeblich begünstigt durch die wiederholten Schläge und Misshandlungen.

Laut Aussage der vier Täter hatte der erheblich alkoholisierte Mohammed Belhadj ihnen den Verkauf von Haschisch in Jarmen Aussicht gestellt. Sie hatten ihn angesprochen, da sie „nordafrikanisch aussehende Personen generell für Rauschgifthändler hielten.“ Daraufhin sei er bei ihnen ins Auto gestiegen, hätte aber den Übergabeort nicht gefunden. Daraufhin sei die Situation eskaliert. Schon auf der Fahrt haben die Angeklagten ihn wiederholt als „Scheiß Ausländer“, „Penner“ und „Scheiß Algerier“ beschimpft.

Laut Staatsanwaltschaft sind weder die Täter, noch das Opfer dem Drogenmilieu zuzuordnen.

Auf der Rückfahrt habe einer der Täter Gewissensbisse bekommen. Ein anderer soll zu ihm gesagt haben: Mach dir doch keinen Kopf, „war doch nur ein scheiß Ausländer“.

Die Identifizierung Mohammed Belhadjs war aufgrund der gewaltsamen Entstellung seines Gesichts zuerst nicht möglich. Erst sein mitgeführter Schlüssel aus der Unterkunft für Menschen mit Fluchtgeschichte ermöglichte den Ermittlern die Identifizierung.

Das Gericht entpolitisierte die Tat

Im Gerichtsurteil des Landgerichtes Neubrandenburg war von einem rassistischen Motiv nicht die Rede: Einzig und allein der gescheiterte Haschischdeal wurde als Tatmotiv benannt. Die entwürdigende und entmenschlichende Art, mit der die Täter ihr Opfer misshandelten, wurden zwar thematisiert, jedoch nicht in einen Kontext mit den rassistischen Beleidigungen gestellt.

Die vier Täter wurden zu Jugendstrafen fünf und neun Jahren verurteilt.

Inititativen fordern staatliche Anerkennung

Das „Aktionsbündnis 08. Mai Demmin“ und die antirassistische Initiative „Pro Bleiberecht“ setzen sich aktiv für das Gedenken an Mohammed Belhadj ein. Die durch das Aktionsbündnis initiierte Gedenkveranstaltung am 22. April 2020 konnte aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Ziel der Initiative bleibt es jedoch, ein dauerhaftes Gedenken an Mohammed Belhadj zu etablieren. Zudem forderte sie eine staatliche Anerkennung Mohammed Belhadjs als Todesopfer rechter Gewalt.

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