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Phan Văn Toản

, 42 Jahre

Getrennt von seiner Frau und dem gemeinsamen Kind in Vietnam, lebt Phan Văn Toản im brandenburgischen Landkreis Märkisch-Oderland. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich mit dem Verkauf von nicht-verzollten Zigaretten. Gemeinsam mit einer Freundin hält er sich dafür regelmäßig am S-Bahnhof Fredersdorf auf. Am selben Bahnhof dient eine Fahrradaufbewahrungs-Station, eine naheliegende alte Lagerhalle, einer Gruppe mittelalter Männer rund um den Leiter der Station als alltäglicher Treffpunkt. Zu dieser Gruppe gehört auch der spätere Täter und mehrfach vorbestrafte Olaf S. und sein Komplize Uwe Z.

Am Vormittag des 31. Januar 1997 kommt es zwischen Phan Văn Toản, seiner Freundin und Personen der Gruppe zu einem Streit, offenbar um den Zigarettenverkauf des späteren Opfers. Die beiden Täter schlagen Phan Văn Toản ins Gesicht, dieser geht zu Boden. Am Boden liegend packt Olaf S. sein Opfer an der Hüfte und schleudert den Kopf des bereits Bewusstlosen mehrfach mit voller Wucht auf den harten Beton. Der Angreifer bricht Phan Văn Toản dabei mehrere Halswirbel. Lebensgefährlich verletzt bleibt der Mann auf dem Pflaster bewusstlos liegen, die Tätergruppe flüchtet. Im Krankhaus wird Văn Toản notoperiert und liegt mehrere Tage im Koma. Drei Monate nach der Tat, am 30. April 1997, stirbt der 42-Jährige in der Klinik an einem akuten Herz-Kreislauf-Stillstand. Die Obduktion ergibt eindeutig, dass der Tod Folge der schweren Misshandlungen ist.

Täter vor Gericht – Motiv „Ausländerhass“

Schon im frühen Stadium der Ermittlungen bekräftigen mehrere Zeugenaussagen die rassistische Einstellung des Hauptbeschuldigten. Während die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), den eindeutigen Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren folgend, ein rassistisches Motiv der Tat – „Ausländerhass“ – noch dezidiert benennt, tritt in der Hauptverhandlung und dem abschließen Urteil der Streit um die Zigarettenverkäufe des Opfers in den Mittelpunkt: Dass der Täter aus „Haß auf alle Ausländer oder auf Vietnamesen“ handelte, hielt die Kammer für nicht mehr für erwiesen an; „Soweit überhaupt Wut auf Ausländer eine Rolle gespielt haben sollte, bildete diese jedenfalls nicht das dominierende Motiv seines Handelns“. Der Hauptangeklagte Olaf S. wird schließlich nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt, der Mitangeklagte Uwe Z. erhält wegen gefährlicher Körperverletzung ein Jahr auf Bewährung.

Spätes Gedenken

Auch mehr als 20 Jahre nach der Tat gibt es seitens der Kommune keinerlei Gedenken an den Tod Phan Văn Toảns. Im Januar 2020 waren es Aktive der Beratungsgruppe für Opfer rechter Gewalt Strausberg und der VVN-BdA Märkisch-Oderland, die erstmals mit einer Kundgebung an die Tat erinnerten. Schon am selben Tag wurde der in diesem Rahmen provisorisch eingerichtete Gedenkort am S-Bahnhof Fredersdorf verwüstet. Als Reaktion hierauf gründete sich die „Gedenkinitiative Phan Văn Toản“, die sich seitdem für ein würdiges Erinnern und eine politische Kontextualisierung der Tat einsetzt.

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