Am Abend des 17. April 2018 wurde ein Kinderwagen im hölzernen Treppenhaus eines Wohnhauses in Neunkirchen-Wiebelskirchen (Saarland) in Brand gesetzt. Die Flammen breiteten sich schnell im gesamten Haus aus. Teile des Gebäudes waren von der Stadt zur Unterbringung von Geflüchteten angemietet worden – mehrere Menschen aus Syrien lebten darin, darunter einige Kinder. Die Feuerwehr konnte elf Menschen retten, die teilweise schwere Rauchvergiftungen erlitten. Für Philipp W., den 38-jährigen Bewohner des Dachgeschosses, kam die Hilfe der Einsatzkräfte zu spät. Er verbrannte bis zur Unkenntlichkeit.
Rassismus als Tatmotiv
Die Polizei konnte den Täter sowie einen Mittäter fassen. Der 29-jährige Toni S. gestand vor Gericht, das Feuer mit einem Deospray gelegt zu haben. Beide Angeklagten trafen sich am Tatabend, um die Schwangerschaft der Lebensgefährtin von Toni S. mit reichlich Alkohol zu feiern. Im Zuge der Feier hat sich Toni S., wie er vor Gericht selbst aussagte, daran erinnert, dass „Ausländer“ seine Lebensgefährtin beleidigt hätten. Anschließend sei er zum „Haus der Ausländer“ gefahren, um sich an „den Ausländern“ für die Beleidigung zu rächen. Täter und Mittäter wussten, dass in dem besagten Haus Geflüchtete untergebracht waren. Beide bestätigten dies vor Gericht, ebenso das Tatmotiv: die Rache an „den Ausländern“. Ein Zeuge berichtete außerdem, dass er Toni S. verdächtige, im Flur seines ehemaligen Wohnhauses Hakenkreuze an die Wand geschmiert zu haben.
Richter sieht keinen politischen Tathintergrund
Der Täter kannte keinen der Menschen, die in dem Haus wohnten. Lediglich der Hass auf die von ihm generalisierte Gruppe der „Ausländer“ bewegten ihn dazu, das Gebäude aufzusuchen und dort ein Feuer zu legen. Obwohl die Rache an „den Ausländern“ als Tatmotiv von Zeugen bestätigt, vom Täter eingeräumt und auch von der Oberstaatsanwältin benannt wurde, sah der zuständige Richter keinen politischen Tathintergrund. Er sprach hingegen lediglich von einem „nichtigen Grund“ als Tatmotiv. Der Täter wurde schließlich zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt. Eine von einem Gerichtsgutachter festgestellte mittelschwere Intelligenzminderung sowie die Alkoholisierung des Täters wirkten sich strafmindernd aus. Der Mitangeklagte, der nach eigener Aussage nur „Schmiere gestanden“ hatte, wurde nach Jugendstrafrecht wegen Beihilfe zur Brandstiftung mit Todesfolge verurteilt und bekam eine Betreuungsanweisung für ein Jahr. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.