In einem Neonazi-Hinterhofclub in Hemer (Nordrhein-Westfalen) wurde Sven M., selbst in der rechten Szene aktiv, am 14. Mai 2010 vom Betreiber des Neonazi-Clubs mit einem Jagdmesser die Kehle bis zur Wirbelsäule durchschnitten. Sven M. kam an dem besagten Abend in den Nazi-Klub und wollte wissen, wer ihn vor ein paar Wochen brutal zusammengeschlagen hat. Daraufhin schlägt ihn der Barbesitzer Alexander U. ins Gesicht, zieht ein Jagdmesser und durchschnitt Sven M.s Kehle. Vier weitere Tatbeteiligte halfen ihm anschließend die Leiche in einem Gebüsch zu verstecken. Alexander U. erhält eine Haftstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Noch während der Ermittlungen betonte der Staatsanwalt, dass für das Tötungsdelikt der politische Hintergrund keine Rolle gespielt habe. Auch das Gericht folgt dieser Annahme, als Motiv wird „Heimtücke“ genannt.
Dass Staatsanwaltschaft und Gericht eine politische Motivation ausschließen, macht deutlich, dass aus dem Erfassungssystem oftmals all jene Tötungsdelikte herausfallen, bei denen für die Behörden keine „spezifisch“ rechte Opferkategorie erkennbar ist (wie hier: szeneninterner Mord). Dabei verkennen sie jedoch die Tatsache, dass internen Streitereien oftmals durchaus ein politisches Motiv zugrunde liegt. Der ideologische Kontext des Täters sollte nicht ignoriert werden, wird doch dadurch die Hemmschwelle zur exzessiven Gewalt an einem Menschen gesenkt.
Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen überprüfte ab Mitte 2022 im Rahmen seines Projekts „ToreG NRW“ (Todesopfer rechter Gewalt in NRW) 30 zurückliegende Gewaltdelikte aus den Jahren 1984 bis 2020 auf eine mögliche politische Tatmotivation. Anfang September 2024 gab Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul bekannt, dass drei der geprüften Fälle nun als rechtsmotiviertes Tötungsdelikt zu bewerten sind. Der Fall Sven M. wurde im Zuge des Projekts ebenfalls geprüft, gilt jedoch immer noch nicht als rechtsmotiviert.