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Unsere Sicht der Dinge – Erinnerungskultur in Dresden

Eine Gruppe Jugendlicher in Dresden hat sich vorgenommen, die lokale Erinnerungskultur durch die eigene Perspektive zu erweitern. Unter dem Titel „Unsere Sicht der Dinge – Erinnerungskultur in Dresden aus ‚migrantischer‘, aber auf jeden Fall jugendlicher Sicht“ entsteht ein Film, der den Jugendlichen eine Stimme gibt. Die Stiftung unterstützt sie dabei.

Dresden ist ein zentraler Ort deutscher Erinnerungskultur. Neonazis begehen hier jährlich einen falschen Opferkult und betreiben geschmacklosen Geschichtsrevisionismus. Auch die demokratisch Engagierten legen den Fokus auf eine lange Tradition deutscher Geschichte, die mehrheitlich die Perspektive von Menschen mit Einwanderungshintergrund vernachlässigt. Die Projektgruppe setzt sich zum Ziel, der migrantischen Perspektive auf die Erinnerungskultur Dresden mittels einer zum Film verarbeiteten Erfahrungsdiskussion verschiedener Communities eine Stimme zu geben. Hier berichten die Jugendliche über die ersten Schritte und ihre Erfahrungen.

„Wir Jugendlichen sind zwischen 13 und 17 Jahren und Schüler_innen aus Dresden. Unsere Eltern sind überwiegend aus der Türkei vor Verfolgung und Diskriminierung geflohen. Wir Schüler_innen sind wenn nicht in Dresden, dann in Deutschland geboren und seit mehr als 10 Jahren in der sächsischen Landeshauptstadt. Seit diesem Jahr trifft sich unsere Gruppe, anfangs noch von einem unserer Eltern begleitet, regelmäßig im Seminarraum des Kulturbüro Sachsen e.V. Als ein erstes gemeinsames Projekt wurde die Herstellung eines eigenen Filmes von uns als Jugendliche entwickelt.

Ein für die Gruppe großer Erfolg war die Zusage der Amadeu Antonio Stiftung einen Workshop zur weiteren Entwicklung des „Filmes“ zu unterstützen. In einem dreitätigen Workshop in Berlin wollten wir:

eine postmigrantische Society im künstlerischen und alltäglichen Leben einer Großstadt nachzuspüren
Szenen für den Film Drehbuchreif zu bekommen und nach einem Storyboard abzudrehen
Reflexion der bisherigen Gruppen zu zukünftigen Arbeit und Dreh- und Schnittplan für den Film in 2014

Wir starteten mit dem gemeinsamen Theaterbesuch im Ballhaus Naunynstrasse. Dort haben wir das Stück „Sight“ gesehen. Ein Tanz und Multimedial Spektakel, das auf die unmenschliche Ökonomisierung menschlicher Existenz aufmersam macht. Grundlage des Stücks waren philosophische Texte einer in Brasilien auf einer Müllhalde wohnenenen Heldin: Esmeralda. Mit einigen Irritationen unsererseits durch die anfänglich nackt getanzte Performance, Sitzen auf dem Fussboden und der schier unerträglichen Lautstärke wurden wir schnell fertig.

Das Stück kam bei uns als sehr radikale Kritik super an. Unsere jüngsten Gruppenleute haben ihren „Nude Shoque“ auch gut überstanden. Eine sehr lustige Begebenheit war, dass eine Mit- Zuschauerin, die sich uns als eine Lehrerein aus BaWÜ vorstellte, den Mut unseres „Lehrers“ Danilo Starosta bewunderte, dass er mit solchen (meinte uns) Jugendlichen aus ja mit Nacktheit nicht ganz so einfach umgehenden Kulturkreisen (???) in ein solches Stück sich wagt. Danilos trockener Kommentar war: „Hmh, Katholiken haben wir nich bei.“ Das gab ein schönes gemeinsames Lachen.

Unsere Spielfilmsequenzen entstanden bereits während vorangegangener Treffen unserer Gruppe. Wir hatten vor, dass die Erlebnisse in Dresden eine Rolle spielen sollten. Um unseren Film auch in abstrakter Weise voranzubringen, wollten wir kritische Alltagssituationen als Spielfilmsequenzen gestalten.Der Umgang mit Kameras, Licht, Ton, Aufnahmedisziplin, Regie etc, hatten wir bereits mehrfach geprobt. Einen Spielfilm oder besser gesagt Spielfilmszenen zu DREHEN waren für uns neu zu entdecken.

Nach Auswahl der Scripts und der Übersetzung in Dialoge und Spielfähigkeit, also der dramaturgischen Bearbeitung mussten wir eine weitere Hürde nehmen, einen Set bauen. Im Gemeindesaal der Alevitischen Gemeinde musste ein Klassenraum und später auch ein Büro der Ausländerbehörde entstehen. Unsere Gruppe bekam von ihren erwachsenen Begleitungen ganz viel Lob für die enorme Anstrengung und die wirklich absolut perfekte Verwandlung des Saales in ein Filmset. Kamera, Licht, Ton, Regie, Aufnahmeleitung hatten wir seit Monaten lange geprobt. Frank und Danilo unterstützten uns in Detailfragen und Danilo auch als Motivations und Warm Up Trainer.

Wir hatten uns als Gruppe immer wieder besprochen, dass wir ausser dem Film gemeinsam zu machen, durchaus auch anders politisch noch einbringen könnten. Etwa mit der Unterstützung von Flüchtlingen, also zukünftigen postmigrantischen Dresdner_innen.

Im Ausblick auf die Fertigstellung des Filmes legten wir auch fest, wie es mit dem Film jetzt weitergeht. Unter anderem wollen wir im April in einer weiteren postmigrantisch geprägten deutschen Stadt unseren Film schneiden. Wir haben uns aufgrund von Recherchen für Hamburg und das dortige Jugendradio entschieden. Danilo wird auch Kontakt nach England zu einer dortigen sich als postmigrantische Gruppe verstehenden Jugendlichen aufnehmen, die vor allem mit einer Von Haus zu Haus Aktion gegen die Wahlwerbung der BNP in Birmingham Furore gemacht hatten.
Soviel von uns und unserem Workshop, den wir vor allem durch die Amadeu Antonio Stiftung machen konnten.

Vielen Dank!
Die Dresdner_innen und ihre postmigrantische Filmgruppe“

In diesem kurzen Video stellen sich die Jugendlichen vor.
Wir sind gespannt auf die weiteren Fortschritte der Gruppe und freuen uns auf den fertigen Film!

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