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Bremer Schüler gegen Gewalt und Rassismus

"Papa, was ist ein Fremder?": Mustafa, Katharina und Anika vom Schulzentrum Blumenthal lesen aus Büchern von Tahar Ben Jelloun.

Das Oberstufenzentrum Blumenthal in Bremen will „Schule ohne Rassismus“ werden – doch der Titel allein reicht den Schülern nicht. Mit einer Vorlesereihe in Kindergärten und einem Tag gegen Rassismus an der Schule wollen die Jugendlichen zeigen, dass sie sich wirklich mit dem Thema auseinandersetzen.

„Es ist wichtig, frühzeitig mit Aufklärung über Rassismus und Hass zu beginnen“, erzählt der Oberstufenschüler Mustafa Eren. Einmal in der Woche trifft Mustafa sich mit Gleichgesinnten aus der Politik-Geschichts-AG im Schulzentrum Blumenthal in Bremen. Die politisch engagierten Schülerinnen und Schüler planen hier ihre bevorstehenden Projekte und beraten über neue Ideen. Seit Oktober 2008 macht die AG sich mit verschiedenen Aktionen speziell gegen Rassismus und Gewalt stark. Den Auftakt bildet eine Vorlesungsreihe in der Kindertagesstätte „Rasselbande“ im Bremer Stadtteil Vegesack, wo vier Schülerinnen und Schüler aus zwei Werken des marokkanisch-französischen Schriftstellers Tahar Ben Jelloun vorlesen, „Papa, was ist ein Fremder?“ und „Papa, was ist der Islam?“.

„Die Kinder in der Tagesstätte sind begeistert“, erzählt die Projektleiterin Adrienne Körner. Doch dass die erste Veranstaltung im Februar so gut ankam, ist das Ergebnis gründlicher Vorbereitungsarbeiten. Denn eine Vorlese-Aktion für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren organisieren – das ist wahrhaftig keine leichte Aufgabe. Trotz der kindergerechten Sprache des Autors mussten die Schüler einige Passagen umschreiben, so dass auch die ganz Kleinen verstehen, worum es geht. Katharina Schwarze, eine der Vorleserinnen, bestätigt, dass sich die Vorbereitungen gelohnt haben: „Die Kinder waren sehr interessiert und motiviert und hatten an der Aktion viel Spaß“. Während der Veranstaltungen wird nicht ausschließlich vorgelesen, sondern die Kinder werden durch kleine Kennenlernspiele und Lieder aktiv in das Geschehen mit einbezogen.

„Schule ohne Rassismus“ allein reicht nicht

Adrienne Körner liegt Präventionsarbeit gegen Rassismus sehr am Herzen: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Gewalt, Rassismus und auch Mobbing besonders in der Schule brisante Themen sind, denen wir möglichst früh entgegenwirken müssen“. Aus diesem Grund will die Bremer Schule nicht nur ein Zeichen setzen, indem sie sich für den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bewirbt, sondern darüber hinaus konkrete Projekte umsetzen. „Schließlich wollen wir nicht nur ein Zertifikat erhalten, sondern den gesamten Stadtteil Blumenthal in das Vorhaben mit einbeziehen“, so Körner. Die Ausweitung von der Schule auf den Stadtteil war für die Amadeu Antonio Stiftung ein wichtiger Grund, das Projekt zu unterstützen.

Den Höhepunkt der Aktivitäten bildet am 20. März, einen Tag vor dem Internationalen Tag gegen Rassismus, ein „Marktplatz gegen Rassismus“. Außer der Vorlesereihe organisiert die AG zahlreiche weitere Aktionen: So wird beispielweise auf dem Schulschiff in Bremen-Vegesack ein selbst geschriebenes und produziertes Theaterstück aufgeführt, und in einem anderen Projekt setzen sich Berufsschüler mit Gewalt und Homophobie auseinander. Für das leibliche Wohl wird mit verschiedenen Köstlichkeiten aus unterschiedlichen Ländern gesorgt. Die SchülerInnen des Fachbereichs Hauswirtschaft, welche zu 80 Prozent Migrationshintergrund haben, präsentieren ihr Projekt „Aktive Nachbarschaftshilfe“ und wollen zeigen, wie wichtig es ist, sich gemeinsam gegen Rassismus zu engagieren.

Jan Schwab

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