Zu viele rechtsextreme Gewalttäter*innen kommen jedes Jahr straffrei davon. Auch im Jahr 2017 gab es wieder etliche Fälle rechter Gewalt, die nicht zur Anzeige gebracht wurden. Dass die Leidtragenden die Vorfälle nicht zur Anzeige bringen, liegt oftmals an der Angst vor noch mehr Gewaltbereitschaft aus der rechtsextremen Szene oder aus Angst vor Anschuldigungen und Umkehrung der Tatsachen durch Zeugen, Täter und Polizei.
Eine solcher Fall, bei dem das Opfer zum Täter gemacht werden sollte, geschah im Dezember 2016 in einer Diskothek in Bayern. Herr M. betrat die Diskothek an einem Samstagabend in Begleitung eines Freundes. Kurz darauf wurde er zu seiner Herkunft befragt und daraufhin beschuldigt, ein Bier geklaut zu haben. Herr M. bestritt dies, woraufhin er von derselben Person aufgefordert wurde, mit vor die Tür zu kommen. Was dann geschah, lässt sich leicht erahnen. Der Mann und fünf seiner Freunde prügelten auf das wehrlose Opfer ein. Herr M. konnte sich schließlich befreien und weglaufen. Zwei der Angreifer verfolgten ihn bis zu seiner Unterkunft. Sie waren mit Baseballschlägern ausgerüstet und schrien ihn an, sich zu ergeben und hinauszukommen. Als die Polizei endlich eintraf, reagierte sie vollkommen unangemessen: sie verlangte von allen Beteiligten einen Alkoholtest. Auf das Opfer ging sie nicht weiter ein.
Am nächsten Tag ging der Geflüchtete wieder in die Diskothek, wieder in Begleitung, und traf erneut auf dieselben Männer wie am Vorabend. Sie pöbelten, warum er nicht im Krankenhaus liege. Herr M.s Freund fragte, was denn das Problem sei. Ohne jeden Vorwand schlug die Person vom Vortag Herrn M. ins Gesicht. Daraufhin prügelte eine Überzahl von 10-15 Personen auf das Opfer und seine Begleitung ein. Der Betroffene rief die Polizei, diese jedoch nahm zuerst die Aussage der Freundin eines der Täter auf, die zuvor gedroht hatte, den Geflüchteten wegen Belästigung anzuzeigen. Herr M. musste sich daraufhin rechtfertigen und klarmachen, hier das Opfer zu sein. Es wurde ein Dolmetscher hinzugezogen und ihm von der Polizei geraten, keine Anzeige zu erstatten, um „die Sache“ nicht zu verschlimmern. Als wäre dies nicht schon genug Ungerechtigkeit, wurde ihm ein Strafbefehl über 80 Tagessätze wegen Körperverletzung auferlegt, wogegen Herr M. verständlicherweise Widerspruch eingelegte. Denn wäre der Betroffene wegen Körperverletzung verurteilt worden, hätte ihm die Abschiebung in den Irak gedroht. Im Rahmen des Opferfonds CURA unterstützt die Amadeu Antonio Stiftung Herr M. bei den Prozesskosten.
Das Verfahren ging am Ende gut aus. Die Amadeu Antonio Stiftung freut sich über den Freispruch der Tatvorwürfe im Fall des Herrn M. Aber die psychischen Verletzungen bleiben.