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Wohnen lernen?

Auf der Suche nach einem sicheren Leben in Europa finden Tag für Tag flüchtende Menschen den Tod im Mittelmeer. Die europäische Antwort darauf ist weder Seenotrettung, noch die Schaffung von legalen Einreisewegen – sondern Grenzschutz. Diejenigen, die es nach Deutschland schaffen, werden landesweit auf Sammelunterkünfte verteilt. Diese bedeuten für die Betroffenen vor allem eins, eine Einschränkung von Selbstbestimmtheit.

Von Niels Schaffroth

Am 12.03.2016 laden das Kulturbüro Sachsen und der Initiativkreis: Menschen. Würdig. zu einem ganztägigen Symposium an die Universität Leipzig ein. Unter dem Titel „Das Wohnen lernen? – Symposium zur Unterbringungspraxis von Geflüchteten und Wege zum selbstbestimmten Wohnen“ soll die aktuelle Situation einer kritischen Betrachtung unterzogen und neue Perspektiven aufgezeigt werden. So sollen neue Entwicklungen in der Sozialen Arbeit in den Blick genommen und eine Willkommenskultur für Geflüchtete im Rahmen einer solidarischen Stadtentwicklung entworfen werden.

Eine Entrechtung von Geflüchteten findet nicht nur an den EU-Außengrenzen statt. Sie setzt sich auch in Deutschland fort, auf den Ebenen von Bund und Kommunen werden Menschen verteilt, zugewiesen und untergebracht. Sie werden zu Fällen, denen Leistungen bewilligt oder verwehrt werden. Ihr Schicksal liegt nicht mehr in ihren eigenen Händen, sondern wird an anderer Stelle entschieden. In den Unterkünften wiederfährt ihnen Kontrolle und Fürsorge. Neben ökonomischen und bürokratischen Sachzwängen wirken hier verstärkt subtile wie offene Formen des Rassismus.

Das zunehmend rassistische Klima in Deutschland entlädt sich in Form von Hetze und Gewalt gegen Geflüchtete. Fast täglich gibt es Angriffe oder Brandanschläge auf Sammelunterkünfte. Trotz alledem gibt die Asylpolitik nur einen engen rechtlichen Rahmen vor, der wenig Handlungsspielräume für die kreative und menschenwürdige Aufnahme von Geflüchteten als Nachbar_innen erlaubt.

Anders als in vergleichbaren Bereichen der Sozialen Arbeit, die mit modernen Ansätzen auf ein Empowerment setzen, erfahren Geflüchtete Ausgrenzung, Kontrolle und Bevormundung. Die konkreten Bedürfnisse der Menschen werden nicht individuell betrachtet und die Selbstbestimmung der Lebensverhältnisse eingeschränkt. Die restriktive, ausgrenzende und gesellschaftliche benachteiligende Asylpolitik wird nirgends konkreter und anschaulicher als in der Isolierung Geflüchteter von lokalen Gesellschaften in Massenunterkünften.

Doch US-amerikanische wie europäische Projekte der Wohnungslosenhilfe machen es vor. Sie operieren bereits erfolgreich nach dem Prinzip housing first. Dieses ermöglicht es den Menschen direkt in eine eigene Wohnung zu ziehen. Sie müssen sich nicht zuerst durch die verschiedenen Unterbringungsformen kämpfen, um einen Nachweis dafür zu erbringen, dass sie in der Lage sind alleine zu wohnen. Im Gegensatz zu dem veralteten Prinzip der Sammelunterkünfte, in dem eine systematische Disziplinierung das Ziel ist, wird bei housing first auf Empowerment gesetzt.

Das Symposium hat zum Ziel, ausgehend von der aktuellen Wohn- und Lebenssituation von Geflüchteten, eine Debatte um selbstbestimmtes Wohnen und Leben für Geflüchtete anzustoßen. In den Kämpfen und Protesten von Geflüchteten und ihren Unterstützer_innen um Anerkennung, steckt viel Potenzial für eine demokratische Gesellschaftsentwicklung. Eine menschenwürdige Unterbringung, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht, ist der beste Garant für eine gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten. Deshalb fördert die Amadeu Antonio Stiftung dieses Projekt.

Samstag, 12.03.2016, Leipzig: Das Wohnen lernen? – Symposium zur Unterbringungspraxis von Geflüchteten und Wege zum selbstbestimmten Wohnen

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