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Würdiges Gedenken für alle Todesopfer rechter Gewalt

Parkbank am Dessauer Hauptbahnhof, an der Hans-Joachim Sbrzesny (50) am 1. August 2008 zu Tode gequält wurde © Stephanie Heide

Mindestens dreizehn Menschen starben in Sachsen-Anhalt seit 1990 in Folge politisch rechts motivierter Gewalttaten: junge Punks, Arbeitsmigranten, Wohnungslose, sozial Randständige, Menschen, die von den Tätern als „politische Gegner“ gesehen wurden und Menschen mit psychischen und physischen Beeinträchtigungen.

Doch lediglich sieben der Getöteten werden in den offiziellen Statistiken auch als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt. Und bislang beschränkt sich das öffentliche Gedenken in Sachsen-Anhalt auf Dessau-Roßlau und Magdeburg, wo in jährlichen Veranstaltungen an Alberto Adriano, Torsten Lamprecht, Frank Böttcher und Rick Langenstein erinnert wird.

Mit der von der Amadeu Antonio Stiftung geförderten Kampagne will die Mobile Opferberatung diese Situation ändern und sich für ein würdiges, öffentliches und nachhaltiges Gedenken an alle Todesopfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt einsetzen. Damit sollen den oftmals längst vergessenen Opfern auch öffentlich wieder Namen, Gesichter und Geschichten zurück gegeben werden. Zudem soll deutlich werden, dass es jenseits des Terrors des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) eine tödliche Dimension rechter Gewalt gibt, deren Opfer und Angehörige Solidarität und Unterstützung benötigen. Denn noch immer mangelt es vielerorts an Sensibilität für jene ganz alltägliche rechte Gewalt, die das Leben vieler Menschen in Sachsen-Anhalt beeinträchtigt.

„Die Mobile Opferberatung will mit der Kampagne oft vergessene und gesellschaftlich besonders stigmatisierte und marginalisierte Betroffenengruppen politisch rechts motivierter Gewalt in den Fokus der öffentlicher Wahrnehmung rücken“, sagt Zissi Sauermann von der Mobilen Opferberatung. „Dazu gehören insbesondere Wohnungslose sowie Menschen mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen.“

Öffentliches Erinnern

In der ersten Phase der Kampagne entsteht eine interaktive Website. Sie wird Fotos und kurze biografische Informationen zu den Getöteten sowie Erinnerungen von Angehörigen und Freundinnen und Freunden, Hintergrundinformationen zu den einzelnen Tötungsdelikten und Beiträge aus unterschiedlichen Medien beinhalten. Aktuelle Fotos von den Tatorten – die bis auf wenige Ausnahmen nicht als solche auffindbar sind – sollen diese für alle sichtbar machen. Die Website ist gleichzeitig auch eine Einladung: Hierfür sucht die Mobile Opferberatung eigene Beiträge von Initiativen, Einzelpersonen, Schulklassen oder Bündnissen vor Ort, um vielen Interessierten die Möglichkeit zu geben, ihre Form des Erinnerns und ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema öffentlich darzustellen.

Spätestens im Jahr 2014 werden dann in der zweiten Phase in Zusammenarbeit mit lokalen Kooperationspartnern – und wenn möglich auch gemeinsam mit Angehörigen und Freundinnen und Freunden der Getöteten – in den Kommunen sichtbare Orte der Erinnerung an den jeweiligen Tatorten oder an anderen geeigneten Orten im öffentlichen Raum geschaffen. Neben der Installation von Skulpturen, Stelen, Gedenktafeln oder -steinen sollen vor Ort auch mit den Getöteten in Verbindung stehende Geschichten, beispielsweise Interviews mit Anwälten und Nahestehenden des Getöteten als Audiobeiträge zugänglich gemacht werden.

Die Amadeu Antonio Stiftung fördert das Projekt im Rhamen des Opferfonds CURA, weil die würdige Erinnerung und die öffentliche Auseinandersetzung mit rechter Gewalt ein wichigter Beitrag sind, um sich mit den Ursachen und Folgen von menschenfeindlichen Ideologien auseinanderzusetzen.

Von Jessica Lütgens

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