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Kommentar

AfD-Wahlerfolge und die Mär von der “Wählerbeschimpfung”

Rechtsaußen-Akteur*innen machen seit Wochen Alarm mit dem Totschlagargument der “Wählerbeschimpfung”. Angeblich würde so jede*r fünfte Wähler*in als “Nazi” beschimpft werden. Klar zu benennen, dass Menschen eine rechtsextreme Partei wählen, hat nichts mit “Wählerbeschimpfung” zu tun. Das Gegenteil ist der Fall: Menschen, die zur Wahl gehen, nutzen ihre Stimme bewusst. Sie entscheiden sich mit Absicht, eine Partei oder eine*n Kandidat*in zu wählen. Ein Kommentar.

Im Fall der AfD nutzen sie ihre Stimme vorsätzlich, um eine Partei zu wählen, die selbst der Verfassungsschutz als “rechtsextrem” einstuft – eine Behörde, die sich damit in der Regel sehr schwertut. Und dass Rechtsextremismus die größte Gefahr für die Demokratie ist, sagen deutsche Sicherheitsbehörden nicht erst seit gestern. Es kann schon lange niemand mehr sagen, dass er*sie nichts vom rechtsextremen Kern der AfD wusste.

Die Wähler*innen der AfD wählen die Partei WEGEN dieser Einstufung. Was soll daran Beschimpfung sein, wenn man den Wähler*innen der AfD vorhält, dass sie eine rechtsextreme Partei in Parlamente und Ämter hieven? Das entspricht schlicht den Tatsachen. Es sind keine Heizungsgesetze, keine nach Europa flüchtenden Menschen und keine Empfehlungen zur geschlechtergerechten Sprache, die Rechtsextremen Stimmen verschaffen. Es sind Wähler*innen, die ihre Kreuze setzen.

Wer jetzt von einer Beleidigung von Wähler*innen spricht, weil diese bewusste Entscheidung für Rechtsaußen explizit benannt wird, entmündigt die Wähler*innen der Rechtsextremen – so als wäre ihre Wahlentscheidung nichts Bewusstes. Wer Rechtsextreme wählt, muss sich fragen lassen, ob er nichts aus der Geschichte gelernt hat.

Der Vorwurf der vermeintlichen Wählerbeschimpfung hat nur einen Zweck: Er soll diejenigen Stimmen diskreditieren, die die Ursachen für den AfD-Wahlerfolg in den Einstellungen der Wähler*innen suchen – und die damit die Wähler*innen in ihrer Entscheidungskraft ernst nehmen und in Verantwortung nehmen. Denn nur so können auch Antworten gefunden werden.

Wer sich die Online-Profile oder die Beiträge in Rechtsaußen-Medien anschaut, die jetzt die Mär von der Wählerbeschimpfung verbreiten, stellt fest: Es sind auffällig oft Menschen, die selbst am lautesten gegen Andersdenkende wettern. Da wird von “Klima-Terroristen” gesprochen, von “Sozialschmarotzern”, “ideologisch Verblendeten”, “linksgrünversifft” und “Volksverrätern” – und noch viele andere, viel schlimmere Dinge.

DAS ist die tatsächliche Beschimpfung, über die geredet werden muss – aber nicht die klare Benennung der Verantwortung von Wähler*innen, die einer demokratiefeindlichen Partei ihre Stimme geben. Wer Rechtsextreme wählt, wählt rechtsextrem. Das ist keine Beschimpfung, das ist Fakt. Und es ist die ganz einfache Bilanz, die jetzt statt gegenseitiger Schuldzuweisungen auf die gesellschaftliche und politische Agenda gehört.

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