Bereits zum 16. Mal findet das Stadionfest „Der Ball ist bunt“ statt. Was wirkt wie ein Stadteilfest mit sportlichem Angebot ist deutlich mehr als das: Beim jährlichen antirassistischen Fußballfest geht es darum, eine klare Haltung zu beziehen und rechtem Gedankengut die rote Karte zu zeigen.
Von Ibo Muthweiler
Ein sonniger Nachmittag im Potsdamer Stadtteil Babelsberg. In der Luft liegt der Geruch nach Bratwurst und Bier, Kinder spielen auf einer Hüpfburg, eine Frau versenkt gerade einen Elf-Meter auf dem Feld. Das Gelände um das Karl-Liebknecht-Stadion ist gut besucht an diesem Samstag Anfang Mai – ob als Familienausflug, um alte Bekannte zu treffen oder neue Freund*innen zu gewinnen, jeder hier scheint mit Vorfreude auf diesen Tag gewartet zu haben. Was wirkt wie ein Stadteilfest mit sportlichem Angebot ist deutlich mehr als das: Beim jährlichen „Der Ball ist bunt“ geht es darum, eine klare Haltung zu beziehen und rechtem Gedankengut die rote Karte zu zeigen. Das von der Amadeu Antonio Stiftung geförderte antirassistische Stadionfest fand bereits zum 16. Mal statt.
„Wir wollten einen Gegenentwurf zu den rechten Strukturen unter den Fans bilden“ erinnert sich Thoralf Höntze, der als Vorsitzender des Vereins Blauweissbunt*Nulldrei e.V. seit vielen Jahren an der Organisation des Stadionfestes beteiligt ist. Eine demokratische Einstellung unter Fußballfans ist für ihn kein Selbstverständnis: „Fußball erreicht unglaublich viele Menschen und ist deshalb eine gute Kommunikationsplattform. Das haben Rechtsextreme allerdings auch erkannt, die seit den 1990er Jahre gezielt versuchen, ihre Ideologie in den Stadien zu verbreiten. Alle Räume, die wir freilassen, werden von denen besetzt!“.
Ein dreiviertel Jahr brauchen die Vereinsmitglieder dafür, das umfassende Programm auf die Beine zu stellen, in dessen Mittelpunkt ein großes Fußballturnier steht. Hier treten Mannschaften wie „Champions ohne Grenzen“, „Niemand muss sportlich sein“ und „FC Bier hol’n“ gegeneinander an – und kommen dabei ohne Schiedsrichter aus. Neben diesen Leibesübungen gibt es Siebdruck- und Graffitiworkshops für Groß und Klein, leckeres Essen von diversen Kochgruppen und ein Konzert am Abend. Doch was allen Beteiligten noch viel wichtiger ist: eine ordentliche Portion politischer Bildung. So gab es in diesem Jahr eine Ausstellung zu Flucht, Migration und Fußball zu sehen und auf der Bühne konnten Interessierte einer moderierten Lesung mit dem Sportjournalisten Ronny Blaschke lauschen, der über Rassismus und Neonazismus im Fußball informierte. Dass Fußball nicht politisch sei, wie so häufig betont wird, davon hält Thoralf nichts – und in der Babelsberger Fangemeinde, die er eine „Insel der Glücksseeligen“ nennt, ist er mit dieser Einstellung nicht allein. Denn das Fest wächst von Jahr zu Jahr und ist inzwischen nicht mehr wegzudenken aus der Stadtkultur. Immer mehr lokale und überregionale Initiativen schließen sich an und stellen ihre Arbeit vor, die Teil einer lebendigen Zivilgesellschaft ist. Einer Zivilgesellschaft, für die auch Fußball politisch ist – und in der jeder Mensch einen Platz hat.