Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Alte Ideologie in neuem Gewand

T-Shirt aus einem Versandhandel der Identitären Bewegung. (c) BTN

Springerstiefel, Glatze, Bomberjacke – dieses uniformierte Erscheinungsbild ist längst nicht mehr das einzige Kriterium, um Neonazis als solche zu erkennen. Während sich das „Sagbare“ in der gesellschaftlichen Mitte in den letzten Jahren immer mehr ins extreme Rechte verschoben hat, nähern sich rechtsextreme Dresscodes umgekehrt dem Mainstream an. Das Symposium „They walked in Line – Um|Neu|Formierungen extrem Rechter in Mode und Popkultur“ in Wien behandelt diese aktuellen Entwicklungen und wird dabei von der Amadeu Antonio Stiftung als Mitveranstalterin unterstützt.

Von Femke de Kort

Die sogenannte Neue Rechte zeigt sich jung und modern, kommuniziert dabei aber altbekannte, rechtsextreme Botschaften. 2016 gründete die „Identitäre Bewegung Österreich“ das Label „Phalanx Europa“, dessen Shirts alternativer Kleidung ähneln. Während die visuelle Gestaltung auf den ersten Blick an links-autonome Styles erinnert, steckt hinter den aufgedruckten Schriftzügen und Motiven ein aggressiver, menschenfeindlicher Inhalt. So wird zum Beispiel der Slogan „Refugees welcome“ zu „Islamists not welcome“ umgewandelt; das Bild zeigt nicht mehr den Umriss einer flüchtenden Familie, sondern zwei Personen mit Maschinengewehren, die im Sinne einer propagierten „Rückeroberung“ verjagt werden. Diese Darstellung setzt auf perfide Weise Geflüchtete mit islamistischen Terrorist*innen gleich.

Die Organisatorinnen des Symposiums „They walked in Line – Um|Neu|Formierungen extrem Rechter in Mode und Popkultur“, Elke Gaugele und Sarah Held, sprechen von einer „neuen Generation extrem rechter Kleidercodes“. Durch das veränderte Auftreten der sogenannten Neuen Rechten wird diese als Mainstream wahrgenommen, rechtsextreme Slogans werden durch eine popkulturelle Gestaltung normalisiert. „Zum Beispiel Martin Sellner wirkt zunächst lediglich ein bisschen konservativ, bieder und ungefährlich“, sagt Sarah Held, „Ohne das zu verharmlosen, kann man das auch als Wolf im Schafspelz bezeichnen.“ Häufig werden hier Codes verwendet, die vornehmlich Menschen mit subkultureller Erfahrung bekannt sind. „Für das ungeschulte Auge ist das schwer zu unterscheiden“, so Held. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der extremen Rechten sei zwar groß, das Feld der Mode spiele dabei aber bisher kaum eine Rolle, obwohl sie einen wichtigen Aspekt der Alltagskultur darstelle.

Elke Gaugele, Professorin sowie Institutsleitung, und Sarah Held arbeiten gemeinsam im Fachbereich „Moden und Styles“ am Institut für das künstlerische Lehramt der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Gaugele forscht schon lange an der Schnittstelle von Mode und Transformationsprozessen der sogenannten Neuen Rechten. Das Institut bildet Lehramtsstudierende aus, was eine Sensibilisierung für das Thema umso wichtiger macht. „Das Symposium reflektiert nicht nur, wie man rechtsextreme Mode erkennen kann, sondern darüber hinaus auch, was man dann weiter tun kann“, erklärt Sarah Held. Die Stadt Wien gilt als wichtiges Zentrum der sogenannten Identitären, weshalb die Auseinandersetzung mit den aktuellen Entwicklungen an diesem Ort umso wichtiger ist. „Gerade deswegen ist es gut, wenn sich praktizierende Lehrer*innen hier darüber austauschen“, meint Held.

Auch der Wandel einer Kleidermarke wie Thor Steinar, die sich als in der rechten Szene beliebtes Modelabel gründete und nun mehr als Lifestyleprodukt auftritt, ist nur einer von vielen Aspekten, wie die extreme Rechte immer weiter versucht, zur Normalisierung von Menschenfeindlichkeit beizutragen. Die Geschlechterperspektive ist dabei ebenfalls von großer Bedeutung: Feministische Sprache wird benutzt, um unter diesem Deckmantel rechte Hetze zu betreiben. Die Referent*innen des Symposiums zeigen auf, wie die sogenannte Neue Rechte im Feld von Mode und Popkultur agiert und welcher Strategien sie sich bedient. In Vorträgen, Workshops und einer Podiumsdiskussion werden aktuelle Entwicklungen diskutiert, wobei auch Möglichkeiten zum Umgang damit besprochen werden. Die Veranstaltung findet am 19.06.2019 in der Akademie der bildenden Künste Wien, Institutsgebäude, Karl-Schweighofer-Gasse 3, 1070 Wien, 3.06, statt, eine Anmeldung ist bis zum 17.06.2019 unter https://www.eventbrite.at/e/they-walked-in-line-umneuformierungen-extrem-rechter-in-mode-popkultur-tickets-62565484047 möglich.

Weiterlesen

452200360-1280x720

AfD vor Gericht: Die Herzkammer des Rechtsextremismus

Das Oberverwaltungsgericht Münster soll entscheiden, ob die AfD vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft werden darf. Währenddessen hat sich die AfD vom parlamentarischen Arm zur Herzkammer des Rechtsextremismus in Deutschland entwickelt. Wer die AfD bewerten will, muss auch ihre Vorfeld- und Unterstützungsstrukturen in den Blick nehmen.

DSC00395
Hier wirkt Ihre Spende

Engagierte aus Niedersachsen schützen Lokalpolitiker*innen vor Hass

Aktuelle Statistiken und Umfragen zeigen eine deutlich gesunkene Hemmschwelle zu Anfeindungen, Beleidigungen und Angriffen gegen Lokalpolitiker*innen. Auch im niedersächsischen Landkreis Gifhorn erleben Kommunalpolitiker*innen Anfeindungen. Engagierte, die solchen Hass schon selbst erlebt haben, machen sich stark für die Unterstützung von Betroffenen.

Mitmachen stärkt Demokratie

Engagieren Sie sich mit einer Spende oder Zustiftung!

Neben einer Menge Mut und langem Atem brauchen die Aktiven eine verlässliche Finanzierung ihrer Projekte. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung für Demokratie und Gleichwertigkeit.