Hans-Thomas Tillschneider, Mitglied der AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt, verbindet direkt nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 seine Kritik an Israel mit einer Attacke auf die deutsche Erinnerungskultur: „Was Israel zurzeit im Gaza-Streifen anrichtet, geht nicht. Israel straft die Palästinenser kollektiv für die Verbrechen der Hamas“, verkündet er auf TikTok. Nur die einzelnen Täter*innen, niemals ein ganzes Volk seien zur Verantwortung zu ziehen: „Genau das Gleiche gilt übrigens für die Deutschen und den Holocaust. Man kann nicht das ganze deutsche Volk in Verantwortung ziehen für die Verbrechen einiger weniger.“ Neu ist das nicht: Björn Höcke forderte schon 2017 eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Rechtsaußen-Gruppierungen behaupten regelmäßig, die Erinnerungskultur sei eigentlich ein „Schuldkult“ – ein Narrativ, das von der gesamten sogenannten „neuen“ Rechten verbreitet wird.
Der angebliche „Schuldkult“ diene dazu, die Deutschen zu unterdrücken, sie auf die Verbrechen des Holocausts und des Nationalsozialismus zu reduzieren. Dabei geht es bei Erinnerungskultur – wie der Name sagt – eben um Erinnerung und die sich daraus ergebende Verantwortung. Aus dem Nationalsozialismus zu lernen, hat nichts mit Schuld zu tun.
Doch den bisherigen Konsens, demzufolge positive Bezüge auf den Nationalsozialismus ein gesellschaftliches Tabu sind, will die AfD aufkündigen und hat daraus noch nie einen Hehl gemacht. Der Ehrenvorsitzende der Rechtsextremen, Alexander Gauland, drückte schon vor Jahren aus, was er und seine Kamerad*innen von der Verantwortung für die Vergangenheit halten: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“, sagte er 2018 bei einer Rede vor der AfD-Jugendorganisation.
Das alles kommt von der Partei, die sich dreist als Bollwerk gegen Antisemitismus inszeniert. Dabei schaut sie ausschließlich auf den Judenhass von anderen, der sich rassistisch instrumentalisieren lässt, niemals auf den eigenen.
Was tun?
- Problematische Äußerungen und Positionierungen nicht unwidersprochen stehenlassen: Widersprechen Sie on und offline oder unterstützen Sie Personen die das tun. Dazu gehört die Fähigkeit, Antisemitismus oder revisionistische Kommunikationsstrategien zu erkennen – vor allem in Social Media. Die Auseinandersetzung mit konkreten Aussagen und Symbolen sollte aber nicht erst bei Rechtsextremen anfangen, sondern auch beinhalten, die eigenen persönlichen Standpunkte stets kritisch zu hinterfragen.
- Die Vermittlung historischen Wissens allein reicht nicht: Pädagogische Unterrichtsmaterialien zu Geschichtsrevisionismus finden Sie unter https://www.bs-anne-frank.de/fileadmin/content/Publikationen/Weiteres_P%C3%A4dagogisches_Material/BS_Anne_Frank_FSN_Geschichtsrevisionismus.pdf
- Unterstützung suchen: Während und nach einem antisemitischen Vorfall ist die Suche nach Verbündeten wichtig. Potentielle Verbündete sollten konkret angesprochen und zur Unterstützung aufgefordert werden. OFEK bietet eine kostenlose Beratung an (ofek-beratung.de)
- Weiter Informationen: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wp-content/uploads/2023/11/Post_Shoah_Antisemitismus_Flyer.pdf