„Wären Sie gern ein Döner?“, diese Frage würde wohl niemand bejahen. Die Opfer der rassistischen Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ hätten sie ebenfalls verneint, hätten sie die Möglichkeit dazu gehabt. Und dennoch: Deutsche Medien erklärten in den vergangenen Jahren neun Menschen zum Fast-Food, als sie die Taten des damals noch unbekannten Neonazi-Trios als „Dönermorde“ bezeichneten.
Das Unwort „Dönermorde“ ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, wie viel Macht die Sprache für gesellschaftliche Ein- und Ausgrenzungsprozesse hat. Medien haben dabei eine besonders große Verantwortung. Es ist von entscheidender Bedeutung für das soziale Zusammenleben, für Integration und die Prävention von Diskriminierung, wie über bestimmte Gruppen von Menschen berichtet wird.
„Wären Sie gern ein Döner?“ steht auch auf dem Faltblatt der Erfurter Projektgruppe „FremdWort“. Fünf Studentinnen und ein Student ärgerten sich so sehr über die häufig rassistische Sprache der Medien, dass sie eine Initiative ins Leben riefen, um für das Thema „Mediale Stereotypisierung von ethnischen Gruppen“ zu sensibilisieren. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit im Fach Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt analysierten sie zunächst die Sprache in thüringischen sowie hessischen Lokal- und Regionalzeitungen. Im Anschluss daran führten die Sechs Interviews mit Journalist_innen durch, um deren Beweggründe für die Verwendung von Stereotypen zu dokumentieren.
„Unser Ziel soll es sein, in Zusammenhang mit den aktuellen Debatten um Rechtsterrorismus und Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft, auf den Umgang mit stereotypen Darstellungen ethnischer Gruppen in der journalistischen Berichterstattung aufmerksam zu machen“, erklärt die Gruppe ihre Motivation. Journalist_innen soll damit zudem die Möglichkeit gegeben werden, eine Alternative zum „ethnozentristischen Schreiben“ zu finden und eine vorurteilsfreie Berichterstattung gewährleisten zu können. Auch mit Unterstützung durch die Amadeu Antonio Stiftung konnte das Projekt durchgeführt werden.
Von Ulla Scharfenberg, am 26. Juni 2012