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Gefördertes Projekt

Mehr Diversität in Kinderbüchern: Vielfältige Held:innen braucht das Land!

Buchempfehlungen. Quelle: Instagram-Profil von Ngozi Odenigbo.

Jedes Kind kann ein:e Held:in sein: egal ob Schwarz, jüdisch, non-binär, mit zwei Elternteilen oder mit einem. Doch häufig fehlen dafür schlichtweg die literarischen Vorbilder – mit Kinderbüchern, die alle Kinder und ihre vielfältigen Lebenswelten  abbilden lässt sich das ändern. Ein Einblick in die „Diversity Library“ des Vereins Our Journey Beyond e.V. (OJB) aus Hamburg und ein Gespräch mit der Initiatorin Ngozi Odenigbo zeigen, dass alle Kinder Identifikationsmöglichkeiten brauchen, um selbstbewusste Erwachsene zu werden. Mit dieser besonderen Sammlung an Kinderbüchern unternimmt der Verein einen wichtigen Schritt in die diversitätssensible Kindererziehung. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt die Bibliothek deshalb mit einer Förderung. 

Jedes Kind muss in einem Buch etwas erleben dürfen und seine:ihre Held:in haben können, der sie:ihn repräsentiert.

Bücher sind Ngozi Odenigbos Leidenschaft, um genauer zu sein: Kinderbücher, die unsere Welt so divers zeigen, wie sie eben ist. „Divers“ bedeutet in dem Fall vielseitiger in der Gestaltung der Held:innen und Figuren der Bücher und Geschichten, die Kinder erleben und somit verarbeiten können. Ziel dabei ist es etwa, die Kinder intellektuell nicht nur eurozentristisch, d. h. bspw. mit weißen Figuren zu füttern. Vielfältige Held:innen braucht das Land! Denn viele herkömmliche Kinderbücher entsprechen weder unserer Zeit, noch der Gesellschaft in der wir als diverse Gemeinschaft leben möchten. Kindern zu zeigen und mitzugeben, wie normal unterschiedliche Lebenswelten sind, ist dabei enorm wichtig. Denn es geht auch darum durch die einfache Sichtbarmachung, den Kindern ein Verständnis für unterschiedliche Lebensrealitäten beizubringen. Stereotype sollen dadurch abgebaut und Respekt, eigene Perspektiven, und das Selbstwertgefühl gestärkt werden. Und wie könnte das einfacher gehen, als spielerisch mithilfe von Büchern, in den besonders prägenden jungen Jahren?

Der Auslöser für Ngozi Odenigbos Leidenschaft für Bücher liegt in ihrer Kindheit: Schon als junges Mädchen in Nigeria hat sie in der lokalen „Children’s Library“ erlebt, wie wichtig Bücher für Kinder sind und was für ein empowerndes Potential sie haben können. Für Ngozi Odenigbos war das prägend. Und so entstand eine fast natürliche Leidenschaft, Bücher zu sammeln. Und zwar Kinderbücher, die unsere Welt so abbilden wie sie ist: mit Schwarzen, non-binären oder jüdischen Kindern: divers eben. Schluss mit rein weißen Hauptfiguren, Schluss mit den üblichen Mainstream-Charakteren. Warum? Zunächst einmal suchten natürlich ihre eigenen Kinder nach Identifikation in Kinderbüchern und in den Held:innen der Abenteuergeschichten und Bilderbücher. Wenn die Hauptfiguren aber alle weiß sind, Rollenklischees abbilden und immer nur heteronormative Familienbilder gezeigt werden, dann ist das einfach nicht mehr zeitgemäß und entspricht nicht unserer gesellschaftlichen Realität. Alle Kinder haben ein Recht darauf, sich in ihren Lieblingsbüchern wiederfinden zu können. Doch nicht alle Kinder sind wie die Held:innen in herkömmlichen Kinderbüchern, wie Conny und Bibi Blocksberg. Sie sehen weder so aus, noch wachsen sie vielleicht so auf. Es braucht also Alternativen und mehr Vielfalt, ganz egal ob im Kinderzimmer oder der KiTa.

Stärkende Kinderbücher für ein diversitätssensibles Selbstbewusstsein

Aktuell besteht die Bücherei aus zwei Bücherkoffern, aufgeteilt nach zwei verschiedenen Altersgruppen, die bspw. von KiTas ausgeliehen werden können. Aber auch lokalen Bibliotheken können Vorschläge gemacht werden: Welche neuen Anschaffung können getätigt werden, damit das Angebot für Kinder diverser ist?

Eine kindgerechte Auseinandersetzung mit Themen wie verschiedenen Familienmodellen abseit der heteronormativen Norm, Rassismus, Flucht, Migration oder Inklusion braucht Kinderbücher, weil diese Themen in Schulen oder KiTas schlichtweg zu wenig thematisiert werden. Doch Kinder spüren die Bewertung, die sie erfahren. Und Lesen hilft in diesen Momenten. Das Buch „Don’t touch my hair“ von Sharee Miller zum Beispiel, empowert Schwarze Kinder, selbstbewusst mit Afro-Haaren umzugehen. Gleichzeitig profitieren aber auch gerade weiße Kinder von einer realistischen Darstellung, in diesem Fall von unterschiedlichen Haaren, und lernen dabei, respektvoll mit äußerlichen Merkmalen umzugehen. Die Bücher bieten Kindern Handlungsoptionen für den Alltag und geben ihnen Dinge mit, die sie früher oder später brauchen werden, um in einer vielfältigen Gesellschaft zurecht zu kommen.

Kinderbücher für alle?

Arielle, die Meerjungfrau kann es nicht in zehn verschiedenen Versionen geben. Aber es kann eben andere Prinzessinnen oder Meerjungfrauen geben, die diverse Kinder ansprechen. 2022 sollte es keine Überraschung mehr für Kinderbuch-Autor:innen oder Illustrator:innen sein, wenn auch kleine Jungs Arielle toll finden. Aber wie soll ein junger Mensch herausfinden, wer sie:er sein möchte, wenn noch nicht mal im Kinderzimmer oder der KiTa mit den entsprechenden Büchern darauf eingegangen wird?

Das Fehlen dieser diversitätssensiblen Kinderbücher in den meisten Einrichtungen kommuniziert leider sehr viel: Es wird nicht darüber gesprochen, dass nicht alle Kinder gleich auszusehen haben oder auch anders aufwachsen können als mit Papa Max Mustermann und Mama Sabine Blocksberg. Dabei können Bücher so viel und einfach helfen. Letztendlich muss sich aber auch strukturell etwas ändern und zwar auf der Entscheidungsebene der KiTas und Schulen. Im englischsprachigen Raum ist die Auswahl an den beschriebenen Kinderbüchern meist sehr groß, in Deutschland braucht es aktuell Projekte wie die „Diversity Library“ von OJB e.V. aus Hamburg, die langsam aber sicher Veränderungen herbeiführen. Und Ngozi Odenigbo sammelt schon lange diverse Kinderbücher. Dennoch ist ihr größter Wunsch, in einer Gesellschaft zu leben, in der es keine explizit diversen Kinderbücher mehr braucht, sondern in der es ganz normal ist, dass alle Kinder Held:innen sein können und eine „Diversity Library“ zum Standard bzw. überflüssig wird.

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„Erinnern heißt verändern“

Über ein Modellprojekt der Amadeu Antonio Stiftung erhalten seit Mitte 2023 elf Initiativen von Betroffene und Angehörige von rechten, rassistischen und antisemitischen Anschlägen sowie das gesamte Netzwerk Unterstützung für eine selbstbestimmte Erinnerungskultur. Gefördert wird das Projekt „Selbstbestimmt vernetzen, erinnern und bilden“ durch die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus.

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