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Kein ruhiges Hinterland


Im Superwahljahr 2011 konzentriert sich die NPD vor allem auf Sachsen-Anhalt. Um einen Einzug der Neonazis in den Landtag zu verhindern, rief der Verein „Kultur mit Sahne“ mit Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung die Kampagne „wähl NICHT NPD“ ins Leben.

Auf die engagierten jungen Wittenbergerinnen und Wittenberger von Kultur mit Sahne e. V. kommt noch so einiges an Arbeit in den nächsten Wochen zu. Denn am 20. März ist Wahltag in Sachsen-Anhalt und bis dahin gibt es noch so einiges an Flugblättern, Plakaten und Aufklebern gegen die NPD zu verteilen.

Erklärtes Ziel der NPD in Sachsen Anhalt ist es nämlich bei den Landtagswahlen auch hier – wie schon in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern – den Sprung ins Parlament zu schaffen. Und genau dafür bündelt derzeit die Partei alle Kräfte. Sogar den NPD-Fraktionsvorsitzenden Holger Apfel hat man sich als professionellen Wahlkampfleiter aus dem benachbarten Sachsen rangeholt. Weil sich realistisch betrachtet die NPD in den westlichen Bundesländern Hessen, Baden-Württemberg und Reinland-Pfalz, in denen auch am 20. März gewählt wird, wenig Chancen ausrechnet, konzentrieren sie sich auf Sachsen-Anhalt. Hier sammeln sie ihre materiellen und personellen Ressourcen, um eine möglichst breitere Wählerschaft zu erreichen. Emnid Umfragen zufolge könnte die NPD in Sachsen-Anhalt jetzt schon mit bis zu 5 Prozent der Stimmen rechnen. Mit der Strategie einer bürgernahen Partei versuchen sie, an den realen Sorgen und Problemen der Bürgerinnen und Bürger anzuknüpfen. Gerade in den Regionen und Kommunen, in denen schon längst keine bürgerlichen Parteien mehr präsent sind, versucht die NPD, mit ihren Parolen um die Stimmen der Menschen zu buhlen. Mit Wahlkampfforderungen wie „Freiheit ist wählbar“, „Demokratie schützen“ und „Bürgerrechte bewahren“ mimen sie die Demokraten, doch tatsächlich verbirgt sich dahinter ein menschenverachtendes Weltbild.

NPD entlarven!

Trotz des angekündigten materialintensiven und multimedialen Wahlkampfes der NPD blieb eine Materialschlacht bisher weitestgehend aus, berichtet ein Mitglied des Kultur mit Sahne e. V. Aber untätig waren die Parteikameraden natürlich nicht. Längst sind es nicht mehr nur Infostände, Wahlplakate und Flugblätter, die im Wahlkampf zum Einsatz kommen. Auch die Medien des Web 2.0 wie youtube, twitter, facebook und Co werden vielfältig genutzt, um das Publikum der Jung- und Erstwählenden für die nationalen Ideen zu begeistern. Auf den virtuellen Plattformen können die Neonazis weitestgehend ungestört ihre nationalistischen, chauvinistischen und menschenfeindlichen Inhalte schnell und einfach verbreiten. Doch dass sich mit grobschlächtigen Neonaziparolen keine Wahl gewinnen lässt, ist auch der NPD klar.

Im Wahlwerbespot geben sich Matthias Heyder, Spitzenkandidat und Landesvorsitzender der NDP Sachsen-Anhalt und seine Parteifreunde als bürgernahe Saubermänner. In dem Clip wird ein reales Problem von Sachsen-Anhalt aufgegriffen. Die Abwanderung junger Bevölkerungsanteile in Richtung Westen. Tatsächlich droht dem Bundesland eine Überalterung durch den arbeitsmarktbedingten Wegzug junger Menschen. Das Aussterben ganzer Stadtteile und infrastrukurelle Probleme in Sachsen-Anhalt sind nicht abzustreiten. Dennoch ist die NPD keine normale Partei und das muss auch den Wählerinnen und Wählern vermittelt werden, damit sie nicht auf die plumpen Versuche der NPD Stimmen für sich zu gewinnen hereinfallen.

wähl NICHT NPD!

Um dieses Gebaren zu entlarven und die Bürgerinnen und Bürger über die neonazistischen und rassistischen Positionen der braunen Kameraden aufzuklären, haben sich im gesamten Bundesland Gruppen, Projekte, Vereine und Einzelpersonen mit dem Verein „Kultur mit Sahne“ zusammengeschlossen und die Kampagne „wähl NICHT NPD“ ins Leben gerufen. Unterstützt wird das Projekt von der Kampagne „Kein Ort für Neonazis“, der Amadeu Antonio Stiftung und des Vereins Miteinander. Denn gerade Aufklärung und die Vermittlung von Wissen über Denkweise und Ziele der NPD sind der Kampagne wichtig. Nur so ist es möglich die potentiellen Wählerinnen und Wähler zu erreichen. „wähl NICHT NPD“ ist unter www.waehlnichtnpd.de zu erreichen. Hier werden nicht nur wichtige Informationen zur NPD und ihrer Vertreterinnen und Vertreter veröffentlicht, sondern auch verschiedene Veranstaltungen, die der Verein im ganzen Bundesland im Vorfeld der Wahlen organisiert angekündigt. Gerade in den kleinen Städten und Kommunen wollen die Initiatoren der Kampagne die Jung- und Erstwählenden, die auch zur Zielgruppe der NPD zählen, erreichen. Laut der Enmid-Umfrage beträgt unter den 18- bis 24-Jährigen der Anteil potentieller Neonazi-Wähler 21 Prozent.

Am 4. März beispielsweise veranstaltet die Kampagne in Wolfen, einem Stadtteil von Bitterfeld im Südosten von Sachsen-Anhalt, im Jugendclub „ROXY“ eine Diskussionsveranstaltung zur NPD, in der nicht nur über die Funktionäre aufgeklärt , sondern auch über den aktuellen Wahlkampf informiert wird. Begleitet wird die Veranstaltung von einem Zeitzeuginnengespräch mit Tamara Misch, die als Kind von der SS aus ihrer Heimat Galizien in ein Lager verschleppt und später in eine deutsche Pflegefamilie gegeben wurde. Gerade in Jugendclubs und Freizeittreffpunkten wie in diesen möchten die Veranstalter mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen und sie für ihre Kampagne vor Ort gewinnen.

Von Anja Reuss

 

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