In weit über 50 Städten Deutschlands findet mittlerweile der Christopher Street Day (CSD) statt. Auch in Pirna. Was auf den ersten Blick als nichts Besonderes erscheint, ändert sich bei einem zweiten Blick auf die Landkarte.
Pirna ist eine beschauliche Kleinstadt in der Sächsischen Schweiz. Eine Region, die überregional nicht nur für ihre wunderschönen Naturlandschaften, sondern auch als Hochburg neonazistischer Kräfte und der NPD Bekanntheit erlangte. Bei konstant zweistelligen Ergebnissen für die NPD bei Kommunalwahlen wird deutlich: Die Sächsische Schweiz ist für Schwule und Lesben, Trans- und Bisexuelle kein leichtes Pflaster.
Immer wieder wurden Mitglieder der ersten schwullesbischen Initiative »Pirls« Opfer von Rechtsextremen. Sie wurden belästigt und bedroht, Veranstaltungen des Vereins regelmäßig gestört. Auch der Hitlergruß wurde schon gezeigt. Viele Betroffene verließen den Landkreis, der Verein existiert in Pirna mittlerweile nicht mehr. Aber es fanden sich Neue. Engagierte gründeten einen neuen Verein und organisieren bereits seit einigen Jahren den CSD in Pirna. »Unser Verein ist in der Ostsächsischen Schweiz der einzige seiner Art. Und mit unseren aktuell 14 Mitgliedern ist die Planung eines solchen Events eine Mammutaufgabe, die wir jedes Jahr erfolgreich meistern«, erzählt Christian Hesse, Vorstandsvorsitzender des CSD Pirna e.V.
Der CSD in Pirna ist viel mehr als eine große Party mit bunten Kostümen und Techno-Musik. Die Veranstalter setzen ein Zeichen für die Rechte von Homo-, Trans- und Bisexuellen und gegen homophobes, rassistisches und neonazistisches Gedankengut. »Unsere Ziele sind klar und deutlich: Wir wollen die Menschen vor Ort aufklären und setzen uns für Akzeptanz und Toleranz ein. Denn Mensch ist Mensch, unabhängig von sexuellen Neigungen oder Orientierungen«, erläutert Hesse das Anliegen seines Vereins. Weil dies in einer Region, in der Neonazis außergewöhnlich stark in der Gesellschaft verwurzelt sind, alles andere als selbstverständlich ist, wurde dem Verein CSD Pirna e.V. letztes Jahr der Sächsische Förderpreis für Demokratie verliehen. Dabei wurde ihr unverzichtbares Engagement für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Menschen gewürdigt, ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlicher Identität.
Auch in diesem Jahr haben sich am 4. Juli die Straßen von Pirna in ein Regenbogen-Farbenmeer verwandelt – diesmal mit finanzieller Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung. Auf dem Programm: Ein einmaliges Musikprogramm, ein kunterbunter Umzug, aber auch eine wichtige politische Botschaft. So wird in Gedenken an all jene Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden, ein Flash-Mob mit hunderten Luftballons stattfinden.
Von Karsten Stöber