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Lichtblicke in Sachsen

Betonmesser in Dresden, von Bürger.Courage, c


Gerade in einem schwierigen politischen Umfeld müssen zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützt werden, die sonst angefeindet und verdächtigt werden. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert finanziell und möchte damit vor allem Anerkennung zeigen.

Die NPD hat acht Sitze im Landtag. Mit 239 rechten Angriffen führt das Bundesland die Statistik der Opferberatungen an. Ein antirassistischer Fußballverein wird bei einem Auswärtsspiel von den Fans der gegnerischen Mannschaft brutal angegriffen. Die letzten beiden Morde aus rechten und rassistischen Motiven sind hier passiert. Die Zivilgesellschaft muss sich gegen Anfeindungen wehren und wer sich gegen Neonazis engagiert, gerät schnell in den Verdacht „nicht demokratisch“ zu sein. Die Rede ist von Sachsen. Ein Bundesland, in dem eine landesweit vernetzte Neonaziszene durch Angriffe Städte wie Mügeln, Colditz oder Brandis in die bundesweiten Schlagzeilen gebracht hat.

Langer Atem und Mut

Einzelpersonen, Vereine und Netzwerke, die sich in Sachsen gegen Neonazis und für demokratische Kultur engagieren, müssen einen langen Atem haben – und Mut. Trotz der düsteren Bilanz in diesem Bundesland gibt es Initiativen, die bewundernswerte Arbeit leisten. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert viele von ihnen und will damit nicht nur finanzielle Unterstützung geben, sondern vor allem Anerkennung zeigen. Zum Beispiel für die Opferberatung der RAA. Denn diese erstellt eine Broschüre über den Mord an Marwa El-Sherbiny, der 2009 in einem Dresdner Gerichtssaal vor aller Augen geschah. Eine Welle der Empörung schwappte bis Ägypten. Und als der Dresdner Verein „Bürger.Courage“, der auch mit dem sächsischen Förderpreis für Demokratie ausgezeichnet wurde, 2010 18 Betonmesser in der Stadt aufstellte, die die 18 Stiche symbolisieren, mit denen Marwa El-Sherbiny getötet wurde, wurden diese wiederholt mutwillig zerstört. Die Erinnerung an Marwa El-Sherbiny darf aber nicht verblassen und gerade wegen der Anfeindungen und Zerstörungen ist es wichtig, dass es Initiativen gibt, die weiterhin ihren Mord thematisieren. Und vor allem auch nach seinen Hintergründen und Ursachen fragen. Deshalb fördert die Amadeu Antonio Stiftung die Publikation der Opferberatung.

Nachhaltigkeit

Wichtig ist aber auch eine nachhaltige Demokratieentwicklung. Nur wenn grundsätzlich über Demokratie und Zusammenleben nachgedacht wird, können Rassismus und Antisemitismus besiegt werden. So unterstützt die Amadeu Antonio Stiftung das Buchprojekt des Kulturbüros Sachsen zum Thema „Arbeit für demokratische Kultur ist Arbeit gegen Rechtsextremismus“. Die vielen Erfahrungen durch die breiten Tätigkeiten, die das Kulturbüro in den letzten Jahren seiner Arbeit gesammelt hat, werden in dem Buch zusammengefasst. Sport, Kirche und Jugendhilfe sind Felder, in denen das Kulturbüro wirkt. Eine Zusammenfassung und Analyse dieser Arbeit gibt Anregungen und zeigt gelungene Beispiele aus der Praxis, die Lichtblicke in der düsteren Realität des Bundeslandes sind.

Mit Migranten reden – nicht über sie

Ein Lichtblick ist auch das Netzwerk Tolerantes Sachsen. Von Neonazi-Gewalt betroffen sind vor allem Menschen, die nicht in ein Bild von einem homogenen Deutschland passen. Gerade Migrantinnen und Migranten sehen sich zunehmend Bedrohungen durch Neonazis ausgesetzt. Außerdem sind sie Kern einer (alltags)rassistischen Debatte um Zuwanderung, die nicht mit, sondern über sie geführt wird. Das Netzwerk setzt an diesem Problem an und richtet zusammen mit dem Sächsischen MigrantInnenbeirat einen Praxistag zum Thema „Alle inklusive – von der Normalität des Unterschieds“ aus. Was heißt also eigentlich „Integration“? Geht es nicht eher um Inklusion? Wer soll sich eigentlich wohinein integrieren? Das sind Fragen, die zusammen mit den Menschen diskutiert werden, über die sonst geredet wird. Unterstützt wird der Praxistag von der Amadeu Antonio Stiftung im Rahmen der stern-Aktion „Mut gegen rechte Gewalt“. Diese Lichtblicke in Sachsen gilt es zu unterstützen und ihnen den Respekt entgegen zu bringen, den sie verdienen. Mit einer Spende an die Amadeu Antonio Stiftung helfen Sie diesen Projekten, ihre wichtige Arbeit fortzuführen.

Von Nora Winter

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Kommentar

Kommentar: Lohnt sich Demokratieförderung überhaupt?

Als die Correctiv-Recherchen Anfang 2024 publik wurden, gründeten sich bundesweit Initiativen, die zu Demonstrationen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus aufriefen. Sie mobilisierten Hunderttausende. Seitdem sind neue Initiativen und Bündnisse entstanden und Netzwerke gewachsen. Die Zivilgesellschaft in Ostdeutschland blüht auf, wie lange nicht. Trotzdem erringt die rechtsextreme AfD starke Ergebnisse. Das enttäuscht und war doch vorhersehbar. Es braucht Zeit, die über Jahre entstandene rechtsextreme Hegemonie wieder aufzubrechen. Ein Kommentar.

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