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Amadeu Antonio Stiftung zieht Ausstellung über Antisemitismus in der DDR aus Menschenrechtszentrum Cottbus zurück

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Die Amadeu Antonio Stiftung entscheidet sich gegen den für April/Mai 2023 geplanten Verleih ihrer Wanderausstellung „Das hat´s bei uns nicht gegeben!“ Antisemitismus in der DDR an das Menschenrechtszentrum in Cottbus. Der Trägerverein der dortigen Gedenkstätte hat Ende 2022 – vergeblich – versucht, mittels einer einstweiligen Verfügung die Verbreitung des neu erschienenen Sammelbandes „Der rechte Rand der DDR-Aufarbeitung“ zu unterbinden. Anetta Kahane, die frühere Vorstandsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, ist Mitherausgeberin des im renommierten Metropol Verlag veröffentlichten Buches. Der Band basiert auf einer Tagung der Amadeu Antonio Stiftung im Jahr 2019, auf der auch Teilnehmende aus dem MRZ anwesend waren.

MRZ nimmt Spende der AfD an

Zur Begründung des Antrags beim Landgericht Berlin führten die Anwälte Dorn, Krämer & Partner aus, in dem Buch werde fälschlich behauptet, vom Menschenrechtszentrum (MRZ) sei 2015 eine Spende der AfD Cottbus angenommen worden. In einer eidesstattlichen Versicherung erklärte der Vorsitzende des Cottbusser Vereins Dieter Dombrowski (CDU), das Menschenrechtszentrum habe nie Spenden der AfD angenommen. Jedoch hatte die damalige Geschäftsführerin Sylvia Wähling 2019 in einer Mail, mit Dombrowski im „CC“, die AfD-Spende eingeräumt. Die AfD Cottbus berichtet bis heute über die Spende auf ihrer Webseite.

Wissenschaftlich fundierte Kritik soll zum Schweigen gebracht werden

Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung Tahera Ameer sagt dazu: „In dem beanstandeten Buchbeitrag wird wissenschaftlich fundierte Kritik an den Inhalten der Dauerausstellung zur Geschichte des Cottbusser Gefängnisses sowie zur gedenkstättenpädagogischen Arbeit des Menschenrechtszentrums vorgetragen. Die Haft in der DDR steht im Vordergrund und es kann der Eindruck entstehen, dass diese drastischer gewesen sei. Diese Schieflage muss man ernst nehmen: In der Einrichtung traten politisch deutlich rechts anzusiedelnde Akteure in Erscheinung, etwa Siegmar Faust, der als Kurator in der neurechten „Jungen Freiheit“ schrieb, oder AfD-ler wie Matthias Katze und Matthias Bath. Es findet sich zudem ein Zeitzeuge, der durch ein Bild in SS-Uniform auf „Facebook“ aufgefallen ist. 2019 wurde – nach Kritik von außen – ein antisemitisches Pamphlet aus der Ausstellung und dem Museumsshop entfernt. Es gibt inzwischen erkennbare Ansätze für Verbesserungen, dennoch fehlen nach wie vor zentrale Verbrechenskomplexe des Nationalsozialismus wie die Verfolgung von Jüdinnen und Juden in der Dauerausstellung weitgehend.“

Vor diesem Hintergrund sieht die Amadeu Antonio Stiftung derzeit keine Basis für eine Zusammenarbeit und den Verleih der Ausstellung. Taheer sagte weiter: „Wir bedauern dies – umso mehr als gerade in Cottbus eine entsprechende Arbeit dringend notwendig wäre. Um gemeinsame Mindeststandards wiederherzustellen, bräuchte es ein entsprechendes Signal des selbstkritischen Umgangs, statt des Versuchs, wissenschaftliche Kritik an der eigenen Institution, gerichtlich verbieten zu lassen.“

Die Amadeu Antonio Stiftung hat deshalb vorgeschlagen, eine Arbeitstagung unter Einbeziehung der Kritiker*innen durchzuführen, auf der diese Fragen und die Kritik mit Expert*innen diskutiert werden.

Weitere Informationen:

  • Ausstellung: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/das-hats-bei-uns-nicht-gegeben-antisemitismus-in-der-ddr/
  • Buch: Klaus Bästlein/Enrico Heitzer/Anetta Kahane (Hrsg.), Der rechte Rand der DDR-Aufarbeitung, Metropol Verlag, Berlin 2022, 272 Seiten, ISBN 978-3-86331-671-6
    https://metropol-verlag.de/produkt/der-rechte-rand-der-ddr-aufarbeitung/

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