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Bundesweites Netzwerk gegen Hass im Netz bricht weg: Folgenschwere Kürzungen bei Demokratieprojekten durch das Justizministerium

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Berlin, 20.07.2023. Die Haushaltskürzungen der Bundesregierung treffen die Demokratiearbeit gegen Hass im Netz. Das Bundesministerium der Justiz teilte mit, dass es das Projekt „Firewall“ der Amadeu Antonio Stiftung ab 2024 nicht mehr fördert. Das Projekt baute seit 2021 ein erfolgreiches bundesweites Trainer-Netzwerk zur Auseinandersetzung mit Hass im Netz auf und wurde mit rund 260.000 Euro jährlich gefördert.

„Für uns als Amadeu Antonio Stiftung bedeutet diese Nachricht, dass wir eine erfolgreiche Arbeit nach drei Jahren einstampfen müssen, für die wir keine alternative Finanzierung haben. Wir verlieren nicht nur fünf hoch qualifizierte Mitarbeitende und ihr Know-How, sondern auch noch ein bundesweites Netzwerk aus über 110 Multiplikatoren, die überall in Deutschland nach modernsten digitalpädagogischen Standards zum Umgang mit Hass im Netz geschult haben“, erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. „Mit dem Trainer-Netzwerk haben wir Pionierarbeit geleistet, die Nachfrage nach dem Angebot ist enorm. Die Arbeit in diesem Bereich wird um Jahre zurückgeworfen. Die engagierten Jugendlichen, die sich gegen Hetze in den Sozialen Netzwerken einsetzen, werden nun allein gelassen, das ist unverantwortlich. Das hat verheerende Folgen in Zeiten, in denen der Umgangston in den Sozialen Medien immer rauer wird.“

Laut der „Hate Speech Forsa Studie 2023“ haben 76 Prozent der Befragten aus Deutschland schon Hate Speech im Internet gesehen. In der Altersgruppe 14 bis 24 haben sogar 89% der Befragten bereits Hate Speech wahrgenommen.

„Immer mehr Menschen ziehen sich aus Diskussionen im Netz zurück, um nicht länger der Aggressivität, den Gewaltandrohungen und dem antidemokratischen und menschenverachtenden Hass ausgesetzt zu sein. Die viel beschworene Brandmauer gegen den Hass braucht es besonders auch online, dort, wo ein Großteil der politischen Debatten stattfindet. Der Abbau der Demokratieprojekte ist ein fatales politisches Signal in Zeiten, in denen antidemokratischen Kräften im Netz sehr wenig entgegengesetzt wird. Wir würden uns wünschen, dass die Bundesregierung diese Entscheidung überdenkt und sich damit hinter die in diesen Zeiten so wichtige Demokratiearbeit stellt. Die engagierten Jugendlichen dürfen nicht allein gelassen werden“, ergänzt Timo Reinfrank.

Über das Projekt:
Mit dem Projekt „firewall“, zu Deutsch Brandmauer, baute die Amadeu Antonio Stiftung ein bundesweites Netzwerk freiberuflicher Trainerinnen und Trainer auf, die nach modernen digitalpädagogischen Standards ausgebildet und befähigt wurden, Workshops zum Umgang mit Hate Speech, zum digitalen Selbstschutz und für Medienkompetenz durchzuführen. Damit reagierte die Stiftung auf einen enormen Anstieg von Beratungs- und Workshopanfragen zur Auseinandersetzung mit Hass im Netz.

Die Trainer führen jährlich mehr als 100 Workshops zu den Themenfeldern „Hass und Desinformation im Netz“ sowie „digitale Zivilcourage“ an Schulen und außerschulischen Einrichtungen in ganz Deutschland durch, in Städten wie im ländlichen Raum. Erst im Juli 2023 hat das Projektteam aufgrund der hohen Nachfrage eine weitere Gruppe Multiplikatoren ausgebildet. Insgesamt wurden in den letzten zweieinhalb Jahren mit dem Projekt „firewall“, und dem Netzwerk über 5000 Menschen weitergebildet.

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