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Die Ampelkoalition muss ihre Versprechen zeitnah einlösen – und Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus strategisch bekämpfen!

Auszug aus dem Koalitionsvertrag der Ampelregierung vom 7.12.2021
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Berlin, 29. November 2022. Am 7. Dezember 2021 kündigten SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag zahlreiche Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus an. Doch heute, ein Jahr später, ist ein Großteil der Maßnahmen nicht umgesetzt oder zumindest angegangen worden. Die Amadeu Antonio Stiftung, die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen (BKMO) und der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) fordern deshalb in einem Positionspapier: Die Ampel muss ihre Versprechen zeitnah einlösen und Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit strategisch bekämpfen.

Die Forderungen im Einzelnen:

  • Die Koalition muss wie angekündigt eine Gesamtstrategie gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit erarbeiten – also ein ressortübergreifendes Konzept, das über Einzelmaßnahmen hinausgeht und das Bundeskanzleramt sowie alle Ressorts mit einbezieht.
  • Die Ampel muss die Zivilgesellschaft stärken: mit einem Demokratiefördergesetz, das Projekten die versprochene Planungssicherheit gibt, mit Reformen im Gemeinnützigkeitsrecht und mit mindestens vierteljährlichen Konsultationen, um zivilgesellschaftliche Organisationen an allen Maßnahmen zu beteiligen.
  • Um Rassismus zu bekämpfen, muss die Koalition die angekündigten Reformen für mehr Vielfalt und Teilhabe rasch umsetzen. Dazu gehört, noch vor der Sommerpause 2023 das versprochene Partizipationsgesetz auf den Weg zu bringen.
  • Zudem braucht es sicherheitspolitische Maßnahmen. Unter anderem muss die Ampel – wie angekündigt – einen unabhängigen Polizeibeauftragten ernennen, der die Untersuchung demokratiefeindlicher und menschenverachtender Vorfälle bundesweit steuert.

Eine zeitnahe Umsetzung dieser Maßnahmen ist dringend geboten. Denn die Gefahren durch rechte Stimmungsmache und Gewalt nehmen zu: Die jüngsten Anschläge auf Geflüchteten-Unterkünfte in Bautzen, bei Hannover und Leipzig sind nur einige Beispiele dafür. Sie reihen sich ein in eine Serie rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Angriffe, die Menschenleben bedrohen. Gleichzeitig stellen die Anschläge nur die Spitze des Eisbergs dar: Alltagsrassismus und subtile Anfeindungen bleiben im Verborgenen.

Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung:

„Wir müssen weg von der Ankündigung kleinteiliger Einzelmaßnahmen, die auf Behördenschreibtischen versanden. Im Koalitionsvertrag wurde eine Gesamtstrategie versprochen, doch ist bereits ein Jahr vergangen, ohne dass diese entwickelt wurde. Die Regierung bleibt den Betroffenen von Hass und Gewalt den versprochenen großen Wurf schuldig, der wirklich etwas verändert. Bis zum Ende des Jahres sollte die Bundesregierung den angekündigten Polizeibeauftragten ernennen, die Auskunftssperren für Bedrohte im Melderegister verbessern und ein Gremium zur Erarbeitung einer Gesamtstrategie einsetzen, das den Schutz von Menschen und Demokratie auf die politische Höhe setzt, die sie verdienen.“

Heiko Klare, Sprecher des Bundesverbands Mobile Beratung:

„Wenn die Bundesregierung die Zivilgesellschaft einbindet, kann sie nur gewinnen: an Wissen, an Perspektiven und an langjähriger Erfahrung. Dazu muss die Ampel verbindlich regeln, dass zivilgesellschaftliche Organisationen an der Entwicklung und Umsetzung aller Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mitwirken können. In der Jugendhilfe ist das bereits etabliert – warum also nicht auch in der Demokratiearbeit? Das Demokratiefördergesetz darf nicht hinter die Versprechen der Koalition zurückfallen, sondern muss den Alltag der vielen fachlich versierten Träger und Projekte tatsächlich verbessern. Ansonsten droht: weiterhin Jahresverträge, weiterhin Projektitis, weiterhin Unsicherheit bei denjenigen, die sich tagtäglich in erster Reihe für die Demokratie einsetzen.“

Marianne Ballé Moudoumbou, Vertreterin der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen:

„Migrant*innenorganisationen leisten wertvolle Arbeit zur Neugestaltung der Einwanderungsgesellschaft und zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts im Zeitalter des Demographie- und Klimawandels. Allerdings fehlt den Organisationen der juristische Rahmen, der eine unterstützende Instanz darstellt. Der Koalitionsvertrag hat beispielsweise neben den beschlossenen – wenngleich nicht ausreichenden – Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus mit dem Beschluss eines Bundespartizipationsgesetzes einen guten Aufschlag gemacht, doch auch nach einem Jahr gibt es noch keinen Gesetzesentwurf. Wesentliche Zuständigkeiten in diesem Bereich sehen wir dabei wegen ihrer Kompetenzen bei der Antirassismusbeauftragten. Die Bundesregierung muss zügig dafür sorgen, dass der Entwurf erstellt wird. Im Endeffekt ist zur Verwirklichung der Vision einer diversen, inklusiven und diskriminierungsfreien Solidaritätsgemeinschaft der Beitrag der Migrant*innenorganisationen unerlässlich.“

Das Positionspapier finden Sie hier als PDF.

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