Weiter zum Inhalt

Jahresbericht RIAS 2023: Antisemitische Vorfälle in Niedersachsen nehmen um 61% zu und erreichen mit 331 Fällen einen Höchststand

|

Insgesamt 331 antisemitische Vorfälle dokumentierte die Recherche- und Informationsstelle (RIAS) Niedersachsen im Jahr 2023, das bedeutet eine Zunahme um 61 % im Vergleich zum Vorjahr. Zu den Vorfällen gehören u. a. Angriffe, Bedrohungen und Sachbeschädigungen.

Das ist der Anteil aller antisemitischen Vorfälle, der RIAS Niedersachsen bekannt wurde. Also nur die Anzahl aller Fälle, die als Meldung bei der zivilgesellschaftlichen Meldestelle eingingen, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Die im gesamten Bundesgebiet beobachtbare enorme Zunahme antisemitischer Vorfälle nach dem 7. Oktober prägte auch das Vorfallaufkommen in Niedersachsen. Es handelt sich um eine Zunahme von 61 % im Vergleich zum Vorjahr (2023: 331; 2022: 208).

Die Qualität der Schwere antisemitischer Vorfälle blieb weiterhin hoch. Ein Vorfall extremer Gewalt wurde auch dieses Jahr bekannt. Als solche gelten physische Angriffe oder Anschläge, die den Verlust von Menschenleben zur Folge haben können oder schwere Körperverletzungen darstellen. Inwieweit sich die Hemmschwelle seit dem 7. Oktober verschoben hat, zeigt auch der Anstieg gewalttätiger Angriffe: Neben einem Fall extremer Gewalt dokumentierte die RIAS-Meldestelle für 2023 insgesamt 11 Angriffe. Es ist ein Anstieg der dokumentierten Angriffe von 3 (2022) auf 11 (2023) zu verzeichnen. Knapp 60 % dieser Angriffe wurden inhaltlich der Erscheinungsform des israelbezogenen Antisemitismus zugeordnet, d.h. die Betroffenen werden in ihrer Zuschreibung als Stellvertreter*innen Israels angegriffen und fanden nach dem 7. Oktober statt. Die Angriffe haben eine besondere Signalwirkung für Betroffene und können sich so auf das Sicherheitsempfinden der ganzen Community auswirken. Die am häufigsten dokumentierte Form von Antisemitismus war im Jahr 2023 israelbezogener Antisemitismus mit 46 % (152 Fälle), gefolgt von Post-Schoa-Antisemitismus mit 43 % (141 Fälle) und antisemitischem Othering mit 41 % (135 Fälle). Antijudaismus wurde in 60 Fällen (18 %) und moderner Antisemitismus in 52 Fällen (16 %) dokumentiert.
Der vorliegende Bericht wirft einen Blick nicht nur auf die Zahlen und Schwere, sondern vor allem auf Erscheinungsformen und weltanschaulichen Hintergründe antisemitischer Vorfälle.

Das Spektrum ist groß: Antisemitismus kann Jüdinnen und Juden in allen gesellschaftlichen Schichten und an fast allen öffentlichen (und nicht öffentlichen) Orten begegnen. Die RIAS Niedersachsen bekannt gewordenen Vorfälle können jedoch nur einen Teil der Wirklichkeit abbilden. Es ist von einem großen Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle auszugehen.

„Spätestens seit dem 7. Oktober hat sich die Lage dahingehend noch einmal verschärft. Es gilt“, so Katarzyna Miszkiel-Deppe, Projektleiterin der Dokumentationsstelle RIAS Niedersachsen: „das Augenmerk sowohl der Öffentlichkeit als auch der Politik auf diese Heterogenität der Vorfälle zu lenken, um effektive Maßnahmen gegen Antisemitismus zu ergreifen. Dieser stellt eine ernsthafte Bedrohung dar und widerspricht grundlegenden Prinzipien einer offenen und vielfältigen Gesellschaft.“

Der Bericht zeigt: Antisemitismus ist auch in Niedersachsen wandlungsfähig und das Spektrum des Judenhasses ist groß. Er prägt den Alltag von Jüdinnen und Juden.

Den gesamten Bericht finden Sie hier: www.rias-niedersachsen.de

Mitmachen stärkt Demokratie

Engagieren Sie sich mit einer Spende oder Zustiftung!

Neben einer Menge Mut und langem Atem brauchen die Aktiven eine verlässliche Finanzierung ihrer Projekte. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung für Demokratie und Gleichwertigkeit.