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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität

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Wir begrüßen das gestiegene Bewusstsein dafür, dass Hassrede, Hasskriminalität und Rechtsextremismus auch im Internet eine große Herausforderung darstellen. Viele der im Referentenentwurf vom 13. Dezember vorgesehenen Maßnahmen sind überfällig. Einige jedoch erscheinen – bei zweifelhaftem Nutzen – höchst problematisch, während andere Maßnahmen, die wir als Zivilgesellschaft bereits seit geraumer Zeit fordern, sich nicht in dem Entwurf wiederfinden. Aktionismus gegen Rechtsextremismus halten wir nicht für sinnvoll. Wer die Netzcommunity auf seiner Seite haben will, muss sensibel sein, wenn es um Freiheitsrechte und Datenschutz geht.

Die Justiz benötigt mehr Ressourcen 

Wir unterstützen den geplanten Stellenzuwachs beim BKA. Effiziente Strafverfolgung findet jedoch in den Ländern statt. Eine personelle Verstärkung muss deshalb auch bei den Landeskriminalämtern, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten erfolgen. Die Einschätzung, dass nur geringfügige Mehrkosten bei der Justiz entstehen, ist wenig nachvollziehbar: Die geplante Meldepflicht und eine Stärkung des BKA werden eine Fülle von Ermittlungsverfahren zur Folge haben. Kommt es zu entsprechend vermehrten Anklagen im Bereich der Hasskriminalität, dann wird sich dies auch in der Belastung der Amtsgerichte bemerkbar machen. Es wäre kontraproduktiv, falsche Hoffnungen zu wecken. Wenn die Menge an zu erwartenden Fällen nicht zu bearbeiten ist, besteht die Gefahr, dass die Frustration über die Bearbeitungszeiten bei Polizei und Justiz weiter wächst, die Akzeptanz in der Bevölkerung und vor allem auch bei Betroffenen weiter abnimmt und diejenigen, die Hassrede als politisches Instrument nutzen, weiterhin größtenteils straffrei bleiben. Zudem verpufft der gewünschte Abschreckungseffekt. Betroffene werden durch ausbleibende Strafverfolgung weiterhin entmutigt, Hassdelikte überhaupt zur Anzeige zu bringen.

Erst Anfangsverdacht für Straftat prüfen, bevor Daten gespeichert werden 

Sinnvoller als eine Meldung direkt ans BKA wäre eine Meldung an spezialisierte Staatsanwaltschaften. Diese könnten zunächst prüfen, ob ein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt, damit nicht unnötig viele polizeiliche Kapazitäten durch Ermittlungen zu Inhalten gebunden werden, die nicht strafbar sind. Damit wird auch verhindert, dass das BKA Daten von Menschen speichert, die keine Straftaten begangen haben. Hasskriminalität darf nicht als Vorwand verwendet werden, um umfassende Überwachungsrechte für eine größtmögliche Menge an Behörden zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass wir das Vorhaben, die Provider zur Herausgabe auch von Passwörtern an behördliche Stellen zu verpflichten, mit Blick auf den Datenschutz für hoch bedenklich und nicht durchführbar halten.

Meldewege erleichtern 

Konkrete Regelungen zu Transparenz und effektiven Kontrollmechanismen für eine korrekte Behandlung der NetzDG-Meldungen (Erfassung und Bearbeitung) fehlen in dem Referentenentwurf genauso wie spezifische, gesetzliche Vorgaben über die Erreichbarkeit der Meldeoptionen.

Mehr Infos

Wir empfehlen den Austausch mit der ZAC NRW (Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime) und der ZIT Hessen (Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität).

 

Wir Unterzeichner*innen dieser kurzen Stellungnahme arbeiten an einer ausführlichen Stellungnahme, die wir im Januar 2020 veröffentlichen.

Die unterzeichnenden Initiativen:

Amadeu Antonio Stiftung

campact

Das NETTZ

#ichbinhier

Reconquista Internet / Hassmelden

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