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Unionsanfrage ist Misstrauenskampagne gegen die demokratische Zivilgesellschaft

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Nur zwei Tage vor der Bundestagswahl hat die Unionsfraktion mit einer kleinen Bundestagsanfrage unter dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ eine massive Misstrauenskampagne gegen die demokratische Zivilgesellschaft lanciert. 551 Fragen zu gemeinnützigen Organisationen aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen zielen darauf ab, deren Gemeinnützigkeit infrage zu stellen.

Die Anfrage, die vom designierten Kanzler Friedrich Merz und Alexander Dobrindt im Namen ihrer Fraktion unterschrieben wurde, zielt neben Verbraucherschutz- und Umweltorganisationen unter anderem auch auf die Amadeu Antonio Stiftung ab. Mit Verweis auf vermeintliche Proteste gegen die CDU unterstellt die Anfrage gemeinnützigen Organisationen eine politische Einflussnahme und spricht hier von einer „Schattenstruktur“.

Zivilgesellschaft wird zum Feindbild erklärt
„Der demokratische Verfassungsstaat fußt auf dem Engagement von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Vereinen und Initiativen. Sie füllen Demokratie mit Leben, auch mit kritischen und unbequemen Einwänden gegen gesellschaftliche Entwicklungen. Kritisch zu sein ist ganz originäre Aufgabe der Zivilgesellschaft, sie erfüllen damit eine wichtige Brückenfunktion zwischen parlamentarischer Politik und Gesellschaft. Nach den Wahlergebnissen wäre es die Aufgabe einer demokratischen Regierung, dieses Engagement zu stärken – stattdessen wird sie zum Feindbild erklärt“, erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

Der Verweis auf eine zu wahrende politische Neutralität staatlich finanzierter Organisationen zeigt ein falsches Grundverständnis. Der Vorwurf fehlender „parteipolitischer Neutralität“ von staatlich geförderten Organisationen hat keine gesetzliche Grundlage. Gemeinnützige Organisationen dürfen und müssen sich politisch äußern. Sie unterliegen als Gesamtorganisation nicht der politischen Neutralität, lediglich einzelne aus öffentlichen Mitteln geförderte Projekte. Das hat der Bundesfinanzhof mehrfach klargestellt, prominente, verfassungsrechtliche Gutachten unterstreichen das und fordern vielmehr ein Nachsteuern beim Gemeinnützigkeitsrecht.

Kritische NGOs werden eingeschüchtert
„Das Ziel dieser parlamentarischen Anfrage ist es, die Förderwürdigkeit der betroffenen Organisationen infrage zu stellen. Damit sollen NGOs in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt und sie mundtot gemacht werden“, kritisiert Reinfrank. „Für viele der NGOs ist das existenziell bedrohlich, aber auch für die Resilienz unserer Demokratie. Solche Misstrauenskampagnen schädigen auch ihren Ruf und stellen ihre Legitimation grundsätzlich infrage.“

Die Amadeu Antonio Stiftung erhält staatliche Zuwendungen zur Umsetzung von Projekten, die durch die Verwaltung geprüft und bewilligt und regelmäßig unabhängig evaluiert werden. Staatliche Zuwendungen sind, genau wie Zuwendungen von Dritten, über das Lobbyregister des Deutschen Bundestags öffentlich einsehbar. Die Stiftung ist zu Gesprächen bereit, sollte es Unklarheiten zur Verwendung staatlicher Zuwendungen geben.

Die Amadeu Antonio Stiftung fordert die Unionsfraktion auf, den Antrag zurückzuziehen und ist zu Gesprächen gern bereit. Es braucht eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts, nicht seine politische Instrumentalisierung.

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