Rassismus ist allgegenwärtig – auch in der Schule. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert den Aktionstag für Toleranz und Vielfalt am Hilda-Gymnasium in Pforzheim, an dem sich Schüler*innen und Lehrer*innen in diesem Jahr mit einem spezifischen Thema auseinandersetzten: Anti-Schwarzer Rassismus.
von Jakob Wilkening
Am Hilda-Gymnasium im Zentrum Pforzheims hängt an der Hauswand des Schulgebäudes die Plakette „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Das steht da wie eine Aussage: An dieser Schule gibt es keinen Rassismus. Aber eine Schule, an der es keinen Rassismus gibt, in der immer alle Courage zeigen, das gäbe es gar nicht, sagt der Lehrer Herr Poetsch. Vielmehr solle man es als Aufforderung verstehen: Es ist eine Aufgabe für die Schulgemeinschaft, einen Ort zu gestalten, an dem man füreinander einsteht.
In den 1950er Jahren etablierte sich die deutschlandweite „Woche der Brüderlichkeit“, an der sich die Schule seit einigen Jahren mit eigenen Projekten beteiligt. Letztendlich entstand daraus der jährliche „Aktionstag für Toleranz und Vielfalt“. Dahinter steht die Überzeugung, dass mehr über Diskriminierung und Rassismus gesprochen werden muss. Denn Rassismus ist ein Teil dieser Gesellschaft, er hört auch nicht an dieser Eingangstür auf, an der die Plakette hängt. Ein Arbeitskreis aus rund 30 Schüler*innen und 10 Lehrer*innen konzipiert und organisiert den Aktionstag einmal im Jahr. Ältere Schüler*innen gestalten Workshops für jüngere Klassen, sie bereiten sich auf Podiumsveranstaltungen vor und diskutieren mit ihren Mitschüler*innen.
Antirassistische Schule macht sich nicht von selbst: eine Podiumsdiskussion
Weil es an der Schule besonders viele Betroffene gibt, war der Themenschwerpunkt in diesem Jahr Anti-Schwarzer Rassismus, erklärt Frau Bruns, die den Aktionstag gemeinsam mit Herrn Poetsch federführend organisiert. Für sie ist es wichtig, die Betroffenen zu bestärken, sie sollen sich gesehen fühlen. Zum diesjährigen Aktionstag war Dr. Francine Uwera eingeladen, sie gibt als Expertin Workshops und Fortbildungen zum Thema Rassismuskritik. Vor der Oberstufe referierte sie zu Rassismus im Allgemeinen, aber auch spezifisch im Schulalltag, über Handlungsmöglichkeiten und Sprache. Schüler*innen diskutierten anschließend mit ihr auf einem Podium: Sollte Antirassismus ein Schulfach sein und was kann man tun, wenn sich Lehrkräfte rassistisch verhalten? Die Fragen der Schüler*innen zielen auf ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten ab. Rassismus erkennen und reaktionsfähig sein, darum geht es.
Lehrer*innenbildung wirkt
Im Schulsystem sind besonders Lehrer*innen eine entscheidende Schlüsselstelle, über die Jahre arbeiten sie mit hunderten oder tausenden Schüler*innen zusammen und ihr Einfluss ist prägend für junge Menschen. Deshalb sollten ein theoretisches Verständnis und ein konzeptioneller Umgang mit Rassismus zu den Kernkompetenzen der Lehrkräfte gehören. Das sieht auch das Kollegium des Hilda-Gymnasiums so. Aber wie kann man ein Verständnis für die Betroffenheit seiner Schüler*innen entwickeln, wenn man in der eigenen Lebensrealität überhaupt keine vergleichbaren Bezugspunkte hat? Frau Uwera erläuterte den Lehrkräften anhand verschiedener Fallbeispiele, auf wie vielen Ebenen Rassismus sich im Schulalltag zeigt. Herr Poetsch beschreibt es als augenöffnend: „Das war mir als Weißer vorher nicht bewusst.“ Beispielsweise finden sich von Rassismus betroffene Kinder in Büchern und Geschichten oft nicht wieder, ihnen fehlen dort die Identifikationsfiguren.
„Bei vielen Schüler*innen und Lehrer*innen wurde etwas angestoßen. Natürlich verändert sich nicht alles durch einen Tag der intensiven Auseinandersetzung mit Rassismus, aber genau das ist der Punkt, wo wir weitermachen müssen“, sagt Frau Bruns.