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Unterstützung für Betroffene von rechter Gewalt – Jahresrückblick des Opferfonds CURA 2022

2022 unterstützte der Opferfonds CURA Betroffene von rechter Gewalt in 80 Fällen mit insgesamt 50.525,92 Euro (Stand November 2022). Sowohl die Fallzahlen, als auch die Fördersumme stiegen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich an. Auch in diesem Jahr waren die Taten meist rassistisch motiviert und fanden häufig im direkten Wohnumfeld der Betroffenen statt, was unter anderem zu erzwungenen Umzügen und einer starken Erschütterung des allgemeinen Sicherheitsgefühls bei den Betroffenen führte.

Neben der Erstattung zerstörter dringend benötigter Gegenstände, Umzugskosten oder Sicherheitsvorkehrungen an der Privatwohnung wurden Betroffene durch den Opferfonds CURA in einem großen Teil der Fälle durch die Übernahme von Anwält*innenkosten unterstützt. Dabei ging es nicht nur um die anwaltliche Vertretung bei Nebenklagen oder Strafanzeigen durch die Betroffenen. In vielen Fällen waren Betroffene neben den unmittelbaren Folgen der Taten mit Gegenanzeigen und falschen Beschuldigungen konfrontiert, gegen die sie sich verteidigen mussten. Diese Strategie der Täter-Opfer-Umkehr wird häufig von Täter*innen genutzt, um die Betroffenen einzuschüchtern und davon abzuhalten, juristische Schritte einzuleiten. In einigen Fällen unterstützte CURA zudem durch die Übernahme von therapeutischen Behandlungskosten oder finanzielle Zuschüsse zu Erholungsreisen, durch die Betroffene einen vorübergehenden Abstand zu dem Erlebten gewinnen und sich psychisch etwas erholen konnten.

In der überwiegenden Anzahl der Fälle waren die Taten rassistisch motiviert. CURA unterstützte außerdem bei queerfeindlichen und antisemitischen Taten sowie Bedrohungen und Angriffen aufgrund des politischen Engagements der Betroffenen gegen Rechtsextremismus oder Verschwörungsideologien.

Auch in diesem Jahr unterstützte CURA zahlreiche Betroffene, die von ihren direkten Nachbar*innen teilweise über Jahre hinweg beschimpft, bedroht und angegriffen wurden. Solche Angriffe durch Nachbar*innen zeigen eine besondere Enthemmung: die Täter*innen sind leicht identifizierbar, treffen teils täglich auf die Betroffenen und scheinen sich dennoch sicher vor den Konsequenzen ihrer Taten zu fühlen. Zudem sind solche Angriffe für Betroffene besonders belastend, da ihnen ihr sicherer Rückzugsraum genommen und ihr allgemeines Sicherheitsgefühl schwer beschädigt wird.

Eine Familie, die Unterstützung durch CURA erhielt, war immer wieder mit dem antimuslimischen Rassismus ihres Nachbarn konfrontiert. So verfolgte er die beiden Töchter und ihren Vater im Auto auf dem Weg zur Schule, lauerte ihnen immer wieder auf, stalkte und bedrohte sie mit antimuslimischen Gesten und Parolen. Zudem beschädigte er wiederholt ihr Auto und ritzte ein Hakenkreuz in den Lack. Die Familie ist durch die Taten psychisch stark belastet, insbesondere auf dem Weg zur Schule und zur Arbeitsstelle begleiten sie starke Ängste. Um zumindest die finanzielle Belastung der Angriffe etwas zu erleichtern, übernahm der Opferfonds CURA die angefallenen Reparaturkosten am Auto.

In einem Fall von rassistischer Polizeigewalt unterstützte CURA Herrn F. Bei dem Versuch, einen Streit unter angetrunkenen Personen vor einem Supermarkt zu schlichten, wurde er gewaltsam festgenommen und in einem Polizeiauto auf brutale Weise körperlich misshandelt. Er erlitt dabei Verletzungen, durch die er bis heute Einschränkungen und Schmerzen erleidet. Nachdem Herr F. eine Anzeige wegen Körperverletzung im Amt gestellt hatte, reagierten die Polizeibeamt*innen mit einer Gegenanzeige wegen Falschaussage gegen Herrn F. Auch hier zeigte sich eine übliche Praxis der Täter-Opfer-Umkehr. Neben enormen psychischen stellen diese Verfahren auch große finanzielle Belastungen für Herrn F. dar. Durch den Opferfonds CURA erhielt er daher eine Unterstützung bei der Begleichung der Anwält*innenkosten.

CURA unterstütz neben Einzelpersonen auch Organisationen oder Institutionen, die durch rechte Gewalt betroffen sind. In diesem Jahr betraf dies beispielsweise eine jüdische Gemeinde, die nach dem antisemitischen rechtsterroristischen Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 seit mehr als zwei Jahre auf staatliche finanzielle Hilfen für notwendige Schutzmaßnahmen wartete. Die anhaltende Bedrohungslage, mit der jüdische Gemeinden in Deutschland konfrontiert sind, spitzte sich in diesem Fall enorm zu: Von den Sicherheitsbehörden, die eigentlich zum Schutz der Gemeinde verpflichtet sind, ging ein zusätzlicher Bedrohungsfaktor aus. Der Polizeibeamte, der das Sicherheitsgutachten für die Gemeinde erstellte und somit über sensibles Wissen verfügte, trat auf Querdenken-Demonstrationen auf, äußerte sich antisemitisch und verschwörungsideologisch und pflegte Verbindungen zu Reichsbürger*innen. Trotz seiner Suspendierung aus dem Dienst ist die Gemeinde stark verunsichert und fürchtet um die Sicherheit ihrer Mitglieder. Um in dieser extremen Bedrohungssituation dennoch Feierlichkeiten zu Jom Kippur durchführen zu können, waren Sicherheitsmaßnahmen notwendig, bei deren Finanzierung die Gemeinde einen Zuschuss durch den Opferfonds CURA erhielt.

Die Unterstützung durch den Opferfonds CURA und seine Spender*innen schafft für Betroffene nicht nur finanzielle Entlastung, sondern sie sendet ihnen auch ein wichtiges Zeichen der Solidarität und Anerkennung ihrer Erfahrungen.

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