Wissen, was wirklich gespielt wird… Widerlegungen für gängige Verschwörungstheorien
Widerlegungen für gängige Verschwörungstheorien
Von der ju:an-Praxisstelle antisemitismus- und rassismuskritische Jugendarbeit
Verschwörungsdenken:
Eine uralte Form, die Welt durch Schuldzuweisung zu erklären
Der Glaube an eine geheime Verschwörung „der Mächtigen“ ist sehr alt und spricht auch heute tiefliegende Bedürfnisse an: Menschen können sich die immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Verhältnisse nur dadurch erklären, dass bestimmte kleine Gruppen oder gar einzelne Personen das Geschehen in Wirtschaft, Politik und überall nach geheimen Plänen lenken würden. Viele Menschen fühlen sich ohnmächtig angesichts der vielen gesellschaftlichen Probleme und dem großen Unrecht weltweit, und auch die eigenen Lebensumstände scheinen unveränderbar. Abstrakte Problemlagen (beispielsweise „die Gentrifizierung“, „die Arbeitslosigkeit“, Kriege oder Naturkatastrophen) lassen sich, so das Gefühl, leichter bekämpfen, wenn man konkrete Schuldige benennt. Auch für die vielen Zwänge, in denen man lebt, will man gerne jemanden verantwortlich machen können.
Eine konkrete Kritik ist aber meist gar nicht so einfach, und viele greifen auf bestehende Vorstellungen über bösartige Gruppen zurück. Antisemitismus ist die älteste und bekannteste Verschwörungsvorstellung der Geschichte. Sie bildet das Grundmuster für Verschwörungserzählungen, selbst wenn sie auch andere Gruppen als Schuldige benennt. „Die Juden“ werden als das personifizierte Böse dargestellt und immer wieder für unverstandene, als bedrohlich und ungerecht erlebte Ereignisse und Verhältnisse verantwortlich gemacht.
Das tief verankerte Verschwörungsdenken muss entsprechend umfassend in einer gemeinsamen Anstrengung des gesamten Bildungssystems angegangen werden. Präventionsarbeit muss sich an den folgenden übergreifenden Prinzipien orientieren, die bereits zu den Grundlagen von Bildungskonzepten in Kinder- und Jugendarbeit und Schule gehören:
Politische Bildung
Wer seine Lebenswelt und deren politische, ökonomische, soziale … Kontexte versteht, braucht nicht auf die Vorstellung zurückzugreifen, alles werde von (bösen) Menschen bewusst gelenkt, und muss nicht nach einem „Geheimwissen“ suchen.
Kritikfähigkeit
Wer in der Lage ist, die Verhältnisse fundiert, sachbezogen und offen zu kritisieren, unter denen er*sie selbst und andere leiden, trägt keinen unterdrückten Groll gegen „die da oben“ mit sich.
Handlungsorientierung
Wer sich in seiner Lebenswelt als aktiv, selbstwirksam und mitgestaltend erlebt, fühlt sich weniger ohnmächtig und fremdbestimmt.
Aufklärung
Wenn man verschiedene Verschwörungserzählungen kennt, ihre Muster versteht und auch weiß, welche Gefühle sie ansprechen, erkennt man schnell neue Verschwörungsnarrative. Sie hängen eng mit antisemitischen und auch rassistischen Stereotypen zusammen, die man erkennen muss.
Ambiguitätstoleranz
Wer es aushalten kann, dass es auf viele Dinge keine eindeutige Antwort gibt und auch nicht die eine Seite, die immer Recht hat, braucht keine einfachen Antworten und keine Schuldigen.
Empathie
Wenn man sich vorstellen kann, wie Menschen sich fühlen, die man einer „bösen“ Gruppe zuordnet oder wegen ihrer (vermuteten) Gruppenzugehörigkeit angreift, hält man sich mit dummen Äußerungen und Beschimpfungen eher zurück.
Junge Menschen haben meistens, wenn es nicht einen rechtsextremen oder islamistischen Hintergrund gibt oder sie nicht bestimmten linken Kleingruppen angehören, kein gefestigtes verschwörungsideologisches Weltbild, sondern reproduzieren Versatzstücke von verbreiteten Verschwörungserzählungen.
Beispielsweise können viele Jugendliche die massiven Einschränkungen durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht verarbeiten, sind oft auf sich selbst zurückgeworfen. In den Sozialen Medien finden sie vermeintliche Antworten und ein Ventil für ihre Frustrationen: Corona gebe es gar nicht; Corona sei eine Maßnahme, um die allgemeine Impfpflicht einzuführen; Corona sei von Leuten aus Asien hierher gebracht worden; Corona sei ein Kampfstoff, den mächtige Staaten entwickelt hätte, um noch mehr Menschen zu unterdrücken; Corona sei in Israel hergestellt worden, um endlich die Weltherrschaft zu erlangen usw.
Bei verschwörungsideologischen Sprüchen helfen diese Tipps:
Widerlegungen für gängige Verschwörungstheorien
Anregungen und Impulse dafür, wie sich Freizeiteinrichtungen, Träger der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und pädagogische Fachkräfte auf den Weg machen können, Antisemitismus und Rassismus in ihren Räumen entgegenzuwirken.