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„Wir haben noch viel zu tun“ – Newsletter Februar 2021 der Amadeu Antonio Stiftung

Liebe Leserinnen und Leser,

 

zum Ende des Winters stellt sich Erschöpfung ein. Das ist immer so. Aber dieses Jahr liegt wie eine doppelte Last die Pandemie auf uns allen. Das Auf und Ab der Hoffnungen, die Belastungen, die Furcht, womöglich Krankheit, Isolation – das alles macht diesen Winter besonders düster. An dieser Stelle das Erinnern an die Opfer rechtsextremen Terrors in Hanau vor einem Jahr anzusprechen, sollte uns dennoch nicht überfordern. Denn trotz aller Corona-Sorgen sind wir nach wie vor in eine Gesellschaft eingebettet, die sich mit Rassismus und Antisemitismus auseinandersetzen muss. Davon gibt es keine Pause.

 

Am 19. Februar 2020 ermordete ein rechtsextremer Verschwörungsideologe in Hanau neun Menschen, weil sie nach seiner Ansicht kein Recht auf Leben hatten. Er begründete dieses Verbrechen mit blankem Rassismus. Die Opfer waren Deutsche, Kurden, Romni – sehr unterschiedliche Menschen, die nur eines gemeinsam hatten: Sie sahen für den Täter nicht „deutsch“ genug aus.  Diese Tat war ein Terrorakt. Sie hat uns erschüttert. Nicht Wahn und Wahnsinn des Täters waren das Motiv, sondern die Eskalation des Hasses, der überall gegenüber Menschen geschürt wird, die nicht in das Weltbild von Rechtsextremen passen. So etwas nennt man stachastischen Terror, ausgeübt von einzelnen Personen, die sich berufen fühlen, den Hass ihrer ideologischen Einpeitscher in die Tat umzusetzen.

 

Was uns berührt hat, war das große Engagement der Zivilgesellschaft und vieler Einzelner. Mehr als 125.000 Euro an Spenden kamen zusammen, die wir an die Überlebenden und Hinterbliebenen des Anschlags von Hanau weitergeben konnten. Darüber hinaus konnte die Stiftung im Rahmen ihrer Projektförderung auch das Beratungs- und Begegnungszentrum der Initiative 19. Februar unterstützen, in dem Betroffene des rechten Terrors Halt und Unterstützung finden können.

 

Doch der Staat ist auf den Hass der ideologischen Einpeitscher nicht ausreichend vorbereitet. Zu oft werden durch Hassattacken markierte Gruppen oder Einzelpersonen zu wenig ernst genommen. Zu wenig wird auf diejenigen gehört, die vor der Bewaffnung der Rechtsextremen warnen. Ja, sie sind bewaffnet, legal oder illegal. Und es wird sich wieder jemand finden, der losgeht und Menschen umbringt. Diese Situation ist unerträglich. Ebenso unerträglich ist es, dass der Schutz fehlt. Dass eine Tatsache noch immer nicht angekommen scheint: Deutschlands Gesellschaft ist nicht homogen, das war sie nie. Sie ist nicht nur weiß, sie ist nicht nur christlich, sie ist nicht nur männlich. Und das ist gut so. Die Zukunft dieses Landes kann nicht auf den alten, tief eingefurchten Pfaden des Rassismus und Antisemitismus erreicht werden. Wer das will, wird stecken bleiben. Wer das will, wird Gewalt sähen und noch mehr Tote zu verantworten haben.

 

Die Ideen des Täters von Hanau mögen wahnhaft gewesen sein, so sagen es zumindest viele Gutachter, und doch setzte er hier etwas fort, das Deutschland für alle Zeit geprägt hat. Der Mord an Millionen Menschen aufgrund ihrer Herkunft. Die Shoa geschah in diesem Land und die Fetzen ihrer mörderischen Ideologie leben bis heute fort. Der Täter von Hanau wusste das ganz genau. Darum sollten auch wir das nicht vergessen.

 

Wir haben noch sehr viel zu tun.

 


Herzliche Grüße

Ihre Anetta Kahane

 

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Anetta Kahane. Foto: © Peter van Heesen

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