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Zeit zu handeln: 10 Forderungen nach den Landtagswahlen

Die Landtagswahlen sind vorbei – was steht jetzt an? Wir haben in zehn Forderungen dazu formuliert, was getan werden muss, um die weitere Verankerung von Rechtsradikalen aufzuhalten.

1. Keine Verharmlosung der AfD
Die Zeiten sind vorbei, in denen die AfD als rechtspopulistisch bezeichnet werden konnte. Ihre Geschichte ist eine Geschichte der Radikalisierung. Heute lehnt die Partei die liberale Demokratie ab, zahlreiche Mitglieder äußern sich zustimmend zu Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Zahlreiche Mitarbeitende der AfD sind Mitglieder der Identitären Bewegung oder waren früher bei der NPD aktiv. Heißt: Die AfD kann zweifelsohne als rechtsradikale Partei und parlamentarischer Arm der extremen Rechten bezeichnet werden. Alles andere wäre verharmlosend.

2. Klare Kante zeigen
Die AfD greift die im Grundgesetz verankerten Grund- und Menschenrechte wie Pressefreiheit, Religionsfreiheit und Minderheitenschutz an und stellt damit die Grundlage unseres Zusammenlebens infrage. Deswegen: An der klaren Abgrenzung von der AfD führt kein Weg vorbei. Jeglicher Form von Kooperation muss eine entschlossene Absage erteilt werden – ob im Kommunalparlament, in Vereinen oder in der Kirchengemeinde. Das war im Umgang mit der NPD gesellschaftlicher Konsens, und muss im Umgang mit der AFD erneut zum Konsens der Demokrat*innen werden.

3. Zivilgesellschaft schützen
Mit den Stimmengewinnen der AfD gerät die demokratische Zivilgesellschaft zunehmend unter Druck. Schon jetzt nutzt die rechtsradikale Partei alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, um zivilgesellschaftliche Organisationen zu diskreditieren und ihre Finanzierung in Frage zu stellen. Mit den Landtagswahlen hat die Partei weiter an Personal, Finanzen und parlamentarischen Befugnissen hinzugewonnen. Damit die Zivilgesellschaft sich weiterhin mutig und engagiert gegen Diskriminierung und für eine demokratische Kultur einsetzen kann, muss sie finanziell abgesichert sein und ihr politisch der Rücken gestärkt werden.

4. Rechtsstaat konsequent durchsetzen – auch für Betroffene rechter Gewalt
Nur ein Bruchteil der Fälle rechter Gewalt, die Betroffene zur Anzeige bringen, wird von den Ermittlungsbehörden als politisch motivierte Kriminalität eingeordnet. Bleibt die strafrechtliche Verfolgung rechter Gewalt aus, hat das für Täter*innen und Betroffene Signalwirkung: Täter fühlen sich ermutigt, weiterzumachen. Betroffene verlieren das Vertrauen in die Polizei. Die Gründe für das Ausbleiben der strafrechtlichen Verfolgung reichen von fehlendem Know-How bis hin zu rassistischen Strukturen in den Ermittlungsbehörden. Damit sich auch Betroffene rechter Gewalt auf den Rechtsstaat verlassen können, müssen Polizist*innen in der Aus- und Weiterbildung für rechte Gewalt sensibilisiert werden und rassistische Strukturen in den Ermittlungsbehörden aufgedeckt werden. Nur so kann der Rechtsstaat konsequent durchgesetzt werden.

5. Filterblasen durchbrechen
Wo treffen Menschen aus unterschiedlichen Generationen, Milieus, Hintergründen aufeinander? Gerade im ländlichen Raum gibt es viel zu wenig öffentliche Räume, an denen sich Menschen begegnen können. Im Netz sorgen Algorithmen sorgen dafür, dass wir uns vornehmlich in unserer Filterblase bewegen. Es fehlt der nötige Reality Check, der Abschottung durchbricht und Radikalisierung aufhält. Ganz konkret bedeutet das: Wir brauchen mehr gemeinschaftliche Orte des öffentlichen Lebens, an denen wir uns mit Menschen austauschen, die andere Positionen vertreten – egal ob im Jugendzentrum oder im Gemeinschaftsgarten. Soziale Netzwerke müssen ihren Teil zur Radikalisierungsprävention beitragen.

6. Prozesse erklären und transparent machen
Demokratische Prozesse sind manchmal kompliziert und nicht immer transparent. Wenn aber nicht nachvollziehbar ist, wie politische Entscheidungen zustande kommen, liegt der Eindruck nahe, dass „die da oben doch eh machen, was sie wollen“. Damit Demokratie wieder verständlicher wird, muss politischer Bildung mehr Platz in den Lehr- und Ausbildungsplänen eingeräumt werden – ganz konkret mit mehr Stunden für den Gemeinschaftskundeunterricht spätestens ab der 7. Klasse. Und auch außerhalb von Schule und Ausbildung ist es unabdinglich, politische Prozesse für Bürger*innen transparent zu machen und für die Demokratie zu werben.

7. Für unsere Lebensformen werben
Aber was heißt das, für Demokratie zu werben? Das bedeutet zuallererst, greifbar zu machen, was Demokratie bedeutet: mitentscheiden zu können, wie wir unser Zusammenleben gestalten. Da kann es darum gehen, wie das neue Schwimmbad aussehen soll oder wo der neue Zebrastreifen für den Schulweg am sinnvollsten ist. Insbesondere auf kommunaler Ebene brauchen wir mehr Formate, in denen Menschen in demokratische Entscheidungsprozesse einbezogen werden und somit Selbstwirksamkeit erfahren können.

8. Demokratie verteidigen!
In den letzten Jahren wurden wir Zeug*innen einer beispiellosen Aushöhlung des Demokratiebegriffs durch die AfD. Die rechtsradikale Partei spricht von Demokratie – und meint damit völkische Mehrheitsentscheidungen, bei denen der Schutz von Minderheiten keine Rolle spielt. Sie pocht auf Meinungsfreiheit – und meint damit das Recht, zu hetzen. In unüberwindbarem Gegensatz dazu steht Art. 1 unseres Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die allgemeinen Menschenrechte sind Fundament unseres Zusammenlebens, die AfD hingegen ist und bleibt mit ihren Forderungen antidemokratisch. Den Demokratiebegriff dürfen wir nicht der Aneignung durch die AfD überlassen.

9. Probleme anerkennen
Mit der Wiedervereinigung haben viele Menschen in den ostdeutschen Bundesländern eine massive Entwertung ihrer Biografie erfahren. Deren Folgen wirken zum Teil bis heute fort – in Form von finanziellen Unsicherheiten oder als Entwertung von Lebensentwürfen. Das Ausmaß der entstandenen Brüche wird wenig thematisiert. Deswegen: eine ernsthafte gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Nachwendezeit in den ostdeutschen Bundesländern ist längst überfällig. Darüber hinaus muss der ländliche Raum mit strukturellen Maßnahmen gestärkt werden, um zu verhindern, dass weitere Regionen abgehängt werden.

10. Langfristige Strategien
Diese Prozesse brauchen Zeit. Wir brauchen langfristige Strategien und einen positiven Entwurf der Gesellschaft, in der wir zusammenleben wollen.

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Beitrag Tilda

Gemeinnütziger Fonds zur Unterstützung von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt „Tilda“ wird gegründet – Erlöse der Kampagne „Wie Viel Macht 1€“ sollen nachhaltig wirken

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Interview Tilda
Interview

Geschlechtsspezifische Gewalt hat viele Formen – und endlich einen Fonds!

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