Streitfrage: Thüringer Weg bundesweit?
Auch 2023, mit Wahlen ausschließlich in westlichen Bundesländern und Berlin, wird ein schon seit Jahren parteiinterner Streit fortgeführt werden: Die Frage, ob das Konzept der ostdeutschen Landesverbände, vor allem von Höcke in Thüringen, auch in den westlichen Bundesländern der AfD mehr Stimmenanteil bringen würde - oder im Gegenteil, die AfD zu einer Art „Lega Ost“ verkommen würde.
Die Argumente sind immer die gleichen.
Pro Höcke: Nirgendwo steht die AfD besser da, als in Thüringen und Sachsen, somit hat der Höcke-Flügel schon unter Beweis gestellt, dass nur so Wahlen zu gewinnen sind.
Contra: Was im Osten funktioniert, schreckt im Westen eher ab. Im Westen wählen wohlhabendere Schichten die AfD, insbesondere im Süd-Westen. Und die wählen keine als national-sozialistisch, sondern eine als nationalkonservativ-liberal wahrgenommene Partei, die für Mittel- und Oberschicht und einen klar marktradikalen Kurs steht.
Fazit
Die AfD hat sich eine Kernwähler*innenschaft erarbeitet. Diese wählt AfD, egal was kommt. Aber um nicht auf diese limitiert zu sein, muss die Partei andere Wähler*innen erreichen. Dabei ist die Partei oft auf äußere, von ihr nicht beeinflussbare Ereignisse wie Migration, Krieg und Wirtschaftskrise angewiesen. In zehn Jahren hat sie es nicht geschafft, sich inhaltlich spürbar breiter aufzustellen, inhaltlich an Substanz zu gewinnen.
Das ist kein Grund zur Entwarnung. Die inhaltliche Unterfütterung kommt nach und nach aus den tiefsten antidemokratischen und rechtsextremen Zirkeln innerhalb und außerhalb der Partei. Und trotz der geringen inhaltlichen und teils auch personellen Substanz liegt die Partei bundesweit in Umfragen bei 15 Prozent, in drei Bundesländern würde sie aktuell stärkste Partei. Die Gefährdung der Demokratie ist nicht abgewendet – im Gegenteil.