Immer wieder zeigen sich Antifeminismus und Frauenhass als verbindende Elemente rechtsterroristischer Gewalttäter. Attentate wie die von Isla Vista, Utøya, Christchurch aber auch von Halle und Hanau diese haben das öffentliche Bewusstsein für die Gefahren erhöht, die rechter Terror für Frauen und weiblich gelesene Personen haben kann. Allerdings wird jenseits der medial wahrgenommenen verheerenden Terroranschläge nur wenig darüber gesprochen, welche Rolle geschlechtsbezogene Ideologien und die Abwertung von Weiblichkeit bei rechter Gewalt, Übergriffen oder rechtsextremen Tötungsdelikten spielen. Eine systematische Aufarbeitung und Analyse fehlte bislang. Mira Brate und Anna Suromai haben gemeinsam mit der Fachstelle Gender, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus eine Expertise zum Zusammenhang von Antifeminismus sowie Frauenhass und rechter Gewalt erarbeitet, die nun als Broschüre verfügbar ist.
Die Veröffentlichung gibt einen Einblick in die ideologische Rahmung, innerhalb derer sich das rechtsextreme Geschlechterverständnis, der männliche Überlegenheitsanspruch und die daraus resultierende sexistische Gewalt entwickeln. In einem zweiten Teil werden die Tragweite dieser Gewalt exemplarisch anhand von acht realen Fällen dargestellt.
Am bekanntesten ist sicher der Mord an der Berlinerin Beate Fischer 1994, wo der Zusammenhang zwischen der misogynen rechtsextremen Ideologie und der misogynen rechtsextremen Gewalttat schon in früheren Untersuchungen deutlich gemacht werden konnte, was auch zur Anerkennung als Todesopfer rechter Gewalt führte. Der Fall steht exemplarisch für extrem rechte Gewalt gegen Frauen, deren Sexualität von den Tätern als „abweichend“ verstanden wird. Untersucht werden weitere Fälle in verschiedenen Kategorien, zum Beispiel Gewalt gegen politische Gegnerinnen, sogenannte „Beziehungstaten“ als Ausdruck sexistischer Elemente des Weltbildes rechtsextremer Täter, aber auch sexistische rechte Gewalt mit intersektionaler Dimension sowie Gewalt gegen effeminierte Männlichkeiten. Die Fälle zeigen in ihrer Unterschiedlichkeit verschiedene Dunkelfelder auf: So sind Gewalttaten auf sexistische Motivlagen zu untersuchen, wenn ein solches nicht ausgeschlossen werden kann. Insbesondere ist ein stärkerer Fokus auf „häusliche Gewalt“ bzw. „Beziehungstaten“ durch rechtsextreme Täter nötig. Anstösse zum Erhellen der Dunkelfelder zu geben, sexistische Tatmotive (anzu)erkennen und damit die Betroffenenperspektive zu stärken sind wichtige Anliegen der Studie.
Die aus rechtsextremen Weltbildern resultierende erhöhte Gefahr für sexistische rechte Gewalttaten muss anerkannt werden. Die Ergebnisse legen ein erhöhtes Gefährdungspotenzial durch rechtsextreme Personen auch für queere, inter und trans Personen nahe, denen die extrem rechte Ideologie die Existenzberechtigung abspricht.
Die Expertise „Alles Einzelfälle? Misogyne und sexistisch motivierte Gewalt von rechts“ bildet einen Ausgangspunkt für ein bundesweites zivilgesellschaftliches Monitoring Antifeminismus (antifeminismus-melden.de), welches die Amadeu Antonio Stiftung aufbaut. Denn bislang fehlt eine systematische Aufbereitung (on- und offline) zu antifeministischen und sexistischen An- und Übergriffen, um deren Ausmaß sichtbar machen und entsprechende Gegenstrategien entwickeln zu können.
Die Expertise kann hier bestellt und heruntergeladen werden.